12.01.2022
Die sizilianische Küche ist immer eine Reise wert, das milde Klima und spektakulär schöne Plätze umso mehr.
Schon von weitem beeindruckt der mächtige Ätna im Landeanflug auf Catania. Den majestätischen Vulkan ziert in der Regel eine Rauchsäule, die Gipfel des 3.357 Meter hohen Berges sind schneebedeckt. Der Ätna dominiert die Ostküste Siziliens und beeinflusst das Klima, die Landwirtschaft und selbst die Menschen. Die bis zu 7,5 Kilometer langen Lavaströme teilen den Vulkan in sogenannte Contraden, die bis zu einer Höhe von 1.100 Metern von beherzten Winzern bewirtschaftet werden. Contraden mit klingenden Namen wie Rampante, Sciaranuova oder Marchesa sind die Grand Crus des Ätna und haben schier endloses Potenzial. Die Weinberge des Ätna sind mit einem Mietwagen binnen einer Stunde erreichbar und allemal ein lohnendes Ausflugsziel, die knorrigen Weinstöcke sind zum Teil noch wurzelecht und über 100 Jahre alt.
Der Flughafen in Catania ist überschaubar und der im Voraus gebuchte Mietwagen rasch in Betrieb genommen. Öffentliche Verkehrsmittel sind Mangelware, in Catania fährt man mit dem Auto oder mit einem Moped – Fußgänger oder Fahrradfahrer müssen ein Portion Mut mitbringen. Die braucht man auch, wenn man als Tourist mit dem Auto durch die sizilianische Metropole fährt. Aber auch daran gewöhnt man sich rasch – die Hupe ist wichtiger als die Bremse, der Blinker wird in der Regel geschont. Achtgeben muss man vor allem auf die Schlaglöcher, die zum Teil gefährlich tief sind. Richtig herausfordernd wird das bei Regen, wenn die Lacken die Schlaglöcher verbergen. Auf eine Parklücke im Zentrum braucht man nicht zu hoffen, aber kostenpflichtige und bewachte Parkplätze sind reichlich vorhanden.
Der Dom von Catania © Bernhard Degen
Erste Anlaufstation für Feinschmecker ist der Fischmarkt von Catania, den man in der Früh oder am Vormittag besuchen sollte. Rund um historische Gewölbegänge geht es wild und authentisch zu, man watet an manchen Stellen durch Fischwasser und der Lärmpegel ist eindrucksvoll. Alles, was das Meer zu bieten hat wird lautstark feilgeboten: Muscheln, Oktopusse, Garnelen und Fische aller Größen, von kleinen Sprotten bis zu meterlangen Schwertfischen, die von den Händlern stolz zur Schau gestellt werden. Am Rande des Fischmarktes finden sich Obst- und Gemüsestände, Gewürzhändler und Metzger mit abenteuerlich drapierten Innereien.
Der Fischmarkt ist das kulinarische Herz Catanias, die sinnlich aufgeladene Atmosphäre macht hungrig. Glücklicherweise liegen in dem Viertel zwischen dem Markt und dem Piazza del Duomo zahlreiche verlockende Restaurants. In der bezaubernden, mit bunten Schirmen dekorierten Via Gisira reihen sich mehrere Lokale aneinander, das L’Iska ist für fangfische Frische und Meeresfrüchte bekannt und verfügt darüber hinaus auch noch über eine verlockende Weinauswahl (siehe Foto ganz oben).
Apericena-Setting im Mantegna © Bernhard Degen
Nach dem Essen machen wir einen ausgedehnten Stadtspaziergang, besichtigen den Dom sowie das wunderbare antike Theater und peilen die Pasticceria Savia an, wo wir uns zum Kaffee die typisch sizilianische Mehlspeise Cannoli gönnen. Da nach dem Kaffee vor dem Aperitivo bedeutet, machen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Platz am Lungomare und werden in der Pasticceria Mantegna fündig. Lassen Sie sich durch das Wort “Pasticceria” (=Konditorei) nicht täuschen, hier gibt es den wohl besten Aperitivo der Stadt. Eigentlich ist es mehr Apericena – eine Kombination aus Aperitif und Abendessen (Cena) – denn die üblichen Begleiter wie Oliven, Chips und Co. fallen hier so üppig aus, dass man locker satt wird. Schuld daran sind Arancini, Schinken, Mortadella, Käse, gebackene Hühnerflügerl, eingelegtes Gemüse, frisches Gebäck und vieles mehr.
Mit dem Auto ist es nur eine knappe Stunde nach Taormina. Schon von der Autobahn Richtung Messina sieht man die spektakuläre Lage hoch über dem Meer thronend. Überragt nur noch von Castelmola, einem atemberaubend schönen Dörfchen an einer exponierten Felsklippe. Die Straße, die ins Zentrum von Taormina führt ist zwar steil und kurvig, aber für alpenländische Autofahrer kein Problem. Problematisch kann es nur werden, wenn man in die engen Gässchen gerät. Da lernt man die Vorzüge eines Fiat Panda verglichen mit einem SUV zu schätzen. Taormina ist nach der Catania-Erfahrung eine andere Welt, mondän, touristisch und sauber. Das Stadtbild wird von Kirchen, der Flaniermeile Corso Umberto, dem antiken Theater, Restaurants und vielen Hotels geprägt – darunter altehrwürdige Grand Hotels wie das berühmte Timeo.
Taormina, links davon Castelmola, im Vordergrund Giardini Naxos © Bernhard Degen
Ein kulinarisches Urgestein von Taormina ist der gebürtige Tiroler Andreas Zangerl, dessen Restaurant Andreas zu den hochdekoriertesten der Stadt gehört. Im Gespräch mit Gault Millau erzählt er, dass er hier schon mehrere Restaurants betrieben und auch schon zwei Sterne erkocht hat. Aktuell begnügt er sich mit einem, was aber die Qualität der Küche keinesfalls schmälern soll. Das Andreas ist ein unprätentiöser Fine Dining Hotspot, Zangerls hausgemachten Pastagerichte sind ein Traum und sein Gespür für Fisch und Meeresfrüchte ist bewundernswert.
Das St. George Restaurant von Heinz Beck vom gefeierten “La Pergola” in Rom war bei unserem Besuch Ende 2022 geschlossen. Allgemein ist die Restaurantszene in Taormina recht touristisch und austauschbar. Eine Ausnahme ist das liebenswerte Tischi Toschi, das noch am ehesten authentische sizilianische Küche bietet. Nicht zu verachten ist sizilianisches Streetfood, die besten Arancini der Stadt gibt es im da Cristina in der Via di Giovanni. Wer Meeresfeeling ebenso wie ausgezeichnete Küche genießen möchte, der ist im Da Giovanni mit fast kitschigen Blick auf die berühmte Isola Bella genau richtig.
Die Isola bella beherbergt heute ein Museum © Bernhard Degen
Man sollte nicht abreisen, ohne das malerische Borgo Castelmola besucht zu haben. Das historische Dörfchen liegt spektakulär exponiert auf einer Felsklippe, die fast senkrecht über Taormina aufragt. Der Fußweg ist nicht weit, aber es ist richtig steil. Belohnt wird man mit einer atemberaubenden Aussicht: Nordöstlich zum italienischen Festland, südlich sieht man den Ätna. Kulinarisch muss man sich ob der Touristenströme offenbar nicht besonders bemühen, wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirkt die Pizzeria Nina mit sehr anständigem Essen. Für den Besuch der Dachterrasse sollte man schwindelfrei sein, die Überwindung der steilen Treppe lohnt sich aber allemal. Zum abschließenden Espresso empfiehlt sich ein Glas der lokalen Spezialität Mandelwein.
Blick von Castelmola auf Taormina, rechts die Pizzeria Nina © Bernhard Degen
Das schönste heben wir uns für den Schluss auf: Einen Besuch im Teatro Greco in Taormina zu Sonnenuntergang. Das antike Amphitheater ist erstaunlich gut erhalten und liegt an einem magischen Platz. Goethe hat ihn bei seinen Italien-Reisen als schönsten Platz der Welt bezeichnet und er war schon weise der alte Herr. Der Blick auf die Küste und den Ätna im Hintergrund ist unvergesslich.
Das antike Theater von Taormina, im Hintergrund der Ätna © Bernhard Degen
von Bernhard Degen
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