24.04.2024

Aufopfernder Kampf gegen Frostschäden

Der Wintereinbruch sorgt für massive Probleme in der Landwirtschaft. Winzer*innen entzünden tausende Frostkerzen, um das Schlimmste abzuwenden.

Blick auf Spitz im Lichte tausender Frostkerzen
Blick auf Spitz im Lichte tausender Frostkerzen © Weingut FJ Gritsch

“Es war haarscharf bis jetzt – ein Grad weniger und alles wäre hin.” Der südsteirische Winzer Alexander Sattler berichtet im Gespräch mit Gault&Millau vom dramatischen Kampf gegen Frostschäden. In der Südsteiermark wurden in den vergangenen Nächten Temperaturen bis zu minus vier Grad gemessen. Aktuell liegt eine sieben Zentimeter dicke Schneedecke über den Weingärten, die Temperatur beträgt genau null Grad. “Noch halten das die Reben aus, aber wir können nur abwarten und hoffen”, ergänzt Sattler.

Die Familie Sattler versuchte wie viele ihrer Kolleg*innen die wichtigsten Lagen durch Frostkerzen zu schützen. Um bis zu zwei Grad kann man damit die Temperatur in den Weingärten erhöhen. Ein enormer Aufwand, wie man sich vorstellen kann. Binnen kurzer Zeit müssen mitten in der Nacht hunderte Paraffinkerzen entzündet werden, damit der gewünschte Effekt entsteht. Ein derartiger Einsatz kostet bis zu 6.000 Euro pro Hektar, rechnet Vinaria vor. 

Galerie

Blick auf Spitz in der Wachau

Blick auf Spitz in der Wachau © Weingut FJ Gritsch

Tausende Frostkerzen in den Weingärten

Tausende Frostkerzen in den Weingärten © Weingut FJ Gritsch

mehr schaurig als schön

mehr schaurig als schön © Weingut FJ Gritsch

Paraffinkerze aus der Nähe

Paraffinkerze aus der Nähe © Weingut FJ Gritsch

Landesweite Schäden

Frostschäden im Weinbau werden vom nördlichen Weinviertel bis in die Südsteiermark gemeldet. Das Ausmaß des Schadens ist noch nicht absehbar und die Situation noch nicht ausgestanden. Bis jetzt wird aber verbreitet mit zehn bis 20 Prozent Schäden gerechnet. Der Austrieb erfolgte durch das frühsommerliche Wetter heuer rund drei Wochen früher als im Durchschnitt. Die jungen Reben sind sehr empfindlich und frieren bei einer Temperatur von ein bis zwei Grad minus ab.

Bis Samstag muss man noch zittern, dann sollte sich wieder wärmeres Wetter einstellen. Der Weinviertler Winzer Wolfgang Hagn berichtet von schwierigsten Bedingungen: “Wir konnten wegen Wind und Schnee keine Frostkerzen entzünden, der Wärmeeffekt wäre sofort verblasen gewesen.” Im Retzer Land hat er hektarweise geschädigte Weingärten gesehen.

Der Winzer” berichtet von großflächigen Schäden im Donauraum, besonders die Bezirke Krems und Tulln haben Schäden gemeldet. Da der Frost in Form von Kaltluftströmungen kam, waren auch Lagen betroffen, die normalerweise keine klassischen Frost-Lagen sind. Das Schadensausmaß kann auch hier noch nicht abgeschätzt werden, “von einzelnen abgefrorenen Blättern bis zu komplett geschädigten Weingärten (meist streifenförmig) ist je nach Gebiet alles dabei”, so die Kolleg*innen vom "Winzer".

Dramatik im Spitzer Graben

Eine derartige “klassische” Frostlage ist der Spitzer Graben in der Wachau. Winzer Franz-Josef Gritsch berichtet von jüngst gemessenen Temperaturen bis zu minus fünf Grad. Auch er kämpfte in seinen wichtigsten Lagen mit Kerzen erfolgreich gegen den Frost an: “Hier sind kaum Schäden entstanden”, berichtet er im Gespräch mit Gault&Millau. Und er appelliert an seine Kolleg*innen: “Jehr mehr mitmachen, desto effektiver ist die Frostbekämpfung mit Kerzen”.

Franz Josef Gritsch hat bei seinen Erkundungen zahlreiche frostgeschädigte Anlagen gesehen. “Es ist noch nicht so wie 2016 (Anm.: das schlimmste Frostjahr in der jüngeren Weinbaugeschichte), aber es ist noch nicht ausgestanden.” Die Lage dürfte sich seiner Einschätzung zufolge bis Freitag früh noch einmal zuspitzen, erst dann kann vorläufig Entwarnung gegeben werden.

Ganz Mitteleuropa betroffen

Das Problem mit den eisigen Nächten und viel zu frühem Austrieb ist weder auf den Weinbau, noch auf Österreich beschränkt. Aus fast allen mitteleuropäischen Ländern werden massive Frostschäden gemeldet, neben dem Weinbau vor allem im Obstbau. Wir halten jedenfalls für alle die Daumen und hoffen, dass es das war für heuer.

von Bernhard Degen

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