26.09.2024
Diplomsommelier Sabi Tóth über die Soft Skills, über die man in seinem Berufsstand verfügen sollte.
Mitten im Weinbaugebiet Neusiedlersee liegt der Arbeitsplatz von Szabolcs "Sabi" Tóth. Als Sommelier in der St. Martins Therme kommt er täglich an Weingärten vorbei und kann die Weinjahre damit aus nächster Nähe studieren. Der gebürtige Ungar ist seit der Eröffnung der Therme im Jahr 2009 mit an Bord und konnte somit schon 15 Jahrgänge im Seewinkel miterleben. Heuer hat er die Prüfung zum Diplom-Sommelier geschafft und lässt sein Wissen in eine spannende Weinkarte einfließen. Im Gespräch mit Gault&Millau erzählt Sabi Tóth, wie seine Liebe zum Wein gewachsen ist und gibt Einblicke in den aktuellen Jahrgang im Seewinkel.
Gault&Millau: Seit wann arbeiten Sie in der St. Martins Therme und was sind Ihre Aufgaben?
Sabi Tóth: Ich bin sehr stolz darauf, dass ich bereits seit der Eröffnung der Therme im Jahr 2009 im Team bin. Ich habe als Chef de Rang begonnen, 2015 die Sommelier-Prüfung gemacht und dieses Jahr habe ich den Diplom-Sommelier geschafft. Darauf bin ich sehr stolz, insbesondere, weil Deutsch nicht meine Muttersprache ist. Das war mein absolutes Highlight dieses Jahr. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich bekommen habe, einerseits vom Team der St. Martins Therme, andererseits von meiner Familie.
Sie arbeiten mitten im Seewinkel, einer der wichtigsten Weinregionen in Österreich. Ich gehe davon aus, dass die nahe gelegenen Weingüter Vorrang bei der Gestaltung der Weinkarte haben. Wie wählen Sie die Weine aus?
Wir wollen das gesamte Burgenland repräsentieren und natürlich haben wir auch Weine aus der Wachau, der Steiermark, Carnuntum u.s.w., aber besonderen Wert legen wir auf regionale Angebote. Ich bin stets auf der Suche nach Neuigkeiten und dabei habe ich sehr gute Kontakte zu Winzern aufgebaut. Nicht nur Kontakte, es sind richtige Freundschaften entstanden. Wenn ich neue Weine entdeckt haben, dann verkosten wir sie im Team und entscheiden, ob wir sie auf die Weinkarte nehmen können. Seit Juli haben wir auch ein kleines internationales Angebot.
Sie erleben die Entstehungsgeschichte der Jahrgänge hautnah mit. Was wird den 24er auszeichnen und welche Probleme kommen nach dem Dauerregen auf die Weingüter zu?
2024 wird ein schönes und gutes Jahr, aber die Menge ist gering. Den ersten Jungwein haben wir schon im Haus, den Early Bird von Artisan Wines, er kommt sehr gut an und ist ein sehr gelungener Vorbote des Jahrgangs. Was den Dauerregen betrifft, so konnten das Böden und Trauben gut aufnehmen, aber die Ernte sollte jetzt rasch abgeschlossen werden. Das Wasser könnte aber auch durchaus positiven Einfluss auf die Qualität haben.
Welche Jahrgänge (vom Weinbaugebiet Neusiedlersee) präsentieren sich heute besonders schön?
2015 und 2019 kommen aktuell sehr gut an. Ich habe erst gestern einen “Admiral” von René Pöckl probiert, der war sensationell. 2019 waren aber fast alle Weine extrem gut.
In Österreich wird sehr patriotisch getrunken, welche Chancen haben internationale Weingüter, um auf die Karte zu kommen?
Die internationale Karte kommt gut an, aber hier wird wirklich sehr patriotisch getrunken. Große Weine wie Brunello oder Amarone werden aber durchaus nachgefragt. Auch Weine aus Ungarn kommen gut an, insbesondere der Furmint. Beispielsweise der Kódex Furmint vom Weingut Tóthborbirtok aus meiner Heimat.
Wenn Sie an die internationale Sommelerie denken, welche österreichischen Weine sind gerade gefragt?
Ich war eben erst bei einer Österreich-Verkostung in Ungarn. Grüne Veltliner und Rieslinge sind immer sehr gefragt. Aber auch Zweigelt vom Neusiedlersee und kräftige Rotwein-Cuvées aus dem Burgenland.
Was zeichnet für Sie einen guten Sommelier aus?
Ein guter Sommelier braucht nicht nur Fachkenntnis, er muss auch gut mit Gästen kommunizieren können. Das funktioniert dann gut, wenn man seine Aufgabe nicht bloß als Beruf sieht, sondern persönliche Beziehungen zu seinen Gästen aufbaut, das persönliche Verhältnis zählt!
Vieles kann man lernen, aber welche grundsätzlichen Eigenschaften sollte man haben?
Ein Sommelier sollte ein ruhige Ausstrahlung haben und Vertrauen zu den Gästen aufbauen. Empathie ist ganz wichtig, wenn Gäste zurücklächeln, weiß ich schon, welche Weine zu ihnen passen.
Was sind die Perlen Ihrer Weinkarte, worauf sind Sie besonders stolz?
Auf der Weinkarte habe ich eine Raritätenseite, da sind ausgewählte Weine älterer Jahrgänge darauf. Zusätzlich gibt es ein Sommelier-Sortiment, das nicht auf der Karte ist.
Ganz groß finde ich aktuell Impérial 2009 und 2011 vom Weingut Schloss Halbturn. Oder auch den Pinot Noir 2009. Ich habe auch einen Blaufränkisch Mariental 2012 vom Weingut Triebaumer, eine Ikone!
Welches konkrete Pairing kommt besonders gut an?
Ein rosa gebratenes Rehfilet mit Pilzgemüße mit Wolfsjäger 2019 vom Weingut Juris.
Vielen Dank für das Gespräch!
Ich möchte mich auch herzlich bedanken. Zum Schluss möchte ich mich auch noch bei allen meinen Unterstützern bedanken, allen voran beim Team der St. Martins Therme, das mich bei allen Sommelier-Ausbildungen toll unterstützt hat, für meine Diplom-Sommelier-Prüfung habe ich sogar Verkostungsweine zur Verfügung gestellt bekommen! Und ich möchte mich bei Brad Knowles von der Sommelier Union bedanken, er ist mein Mentor.
Die Sommelier Union Austria wurde 1998 (als Sommelierverband Österreich) anlässlich der Sommelier Weltmeisterschaft in Wien gegründet. Als Dachorganisation für alle Sommelièren und Sommeliers in Österreich bündelt sie die einzelnen Landesvereine. Seit 2008 ist die Tirolerin Annemarie Foidl Präsidentin der Union und vertritt deren Interessen national und international. Vorrangige Ziele der Vereinigung sind das Fördern der Sommelièren und Sommeliers sowie das Stärken des Berufsbildes in der Öffentlichkeit.
von Bernhard Degen
in Zusammenarbeit mit der
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