04.06.2024
Der “Held vom Feld” setzt neue Maßstäbe in der Kreislaufwirtschaft und bei Single Malts nach dem Motto vom Feld in die Flasche.
Da hat sich wer was überlegt und bei der Umsetzung nicht gespart. Wir stehen vor der neuen Produktion der Destillerie Farthofer und sind mal kurz überwältigt. Schon alleine die Biomasse-Anlage ist eindrucksvoll, dabei handelt es sich nur um ein Nebengebäude. Die eigene Mälzerei mit ihren gigantischen Trommeln ist fast schon einschüchternd. Aufgrund des enormen Aufwands ist es selten geworden, dass sich eine Destillerie eine eigene Mälzerei leistet, aber die Farthofers wollen höchste Qualität, kurze Transportwege und Unabhängigkeit. In den ersten Monaten wurden hier schon über 200 Tonnen Getreide verarbeitet.
Josef Farthofer ist zwar schon die fünfte Generation, wenn es um das Destillieren von Fruchtschnäpsen und Bränden geht. Doch erst unter ihm und mithilfe seiner Frau Doris hat das Unternehmen überregionale Bedeutung gewonnen. Weltweit bekannt wurde der Betrieb, als er mit dem O.Wodka die prestigeträchtige IWSC Trophy gewonnen hat. O steht für organisch, also biologisch, die Kern-Philosophie von Farthofer. Ein gewisser Herr Westerhoff googelt damals “bester Vodka der Welt” und stieß auf den Mostviertler Betrieb. Burkhard Westerhoff ist der Manager von Rapper Sido und so kam es, dass Farthofer Besuch von den beiden bekam und seitdem Vodka, Gin und Whisky für den Musiker produziert (Kabumm).
Aber es sind viele leisere und kleinere Schritte, die den Betrieb zu dem gemacht haben, was er ist. Die behutsame Renovierung des historischen Presshauses in Öhling, in dem die Mostelleria beheimatet ist, gehört dazu. Mostello ist ein Birnendessertwein, der ähnlich wie Portwein gemacht wird und außerdem eine geschützte Eigenkreation von Josef Farthofer. Viele Spitzen-Sommeliers des Landes setzen ihn in der Weinbegleitung ein. Heute werden in der Mostelleria Führungen und Verkostungen angeboten, auch ein hochprozentiger Shop ist hier untergebracht. Die Mostello Fässer lagern zum Teil im Stift Seitenstetten, doch mehr interessiert uns der Neubau in Biberbach. Mit einem Sortiment von rund 50 Bio-Bränden, Likören und Geisten gehören die Farthofers zu Europas umfassendsten Bio-Spirituosen-Anbietern. Wie ausgeklügelt nachhaltig der Betrieb ist, haben wir vor Ort erfahren.
Schon bei der Anfahrt fallen uns Felder mit hohem Elefantengras (Miscanthus) auf. Bei guten Ernten kann alleine davon die Biomasseanlage befeuert werden, ergänzt wird sie von einer leistungsstarken Photovoltaikanlage. Weiters wird die Abwärme der Mälzerei durch Installation eines innovativen Glasrohrwärmetauschers rückgewonnen. Die gesamte Kühlung der Anlage erfolgt mit einem geschlossenen Glykolkreislauf, dadurch kann der Wasserverbrauch sehr gering gehalten werden.
Obst und Getreide kommen zu einem guten Teil aus eigenem Bio-Anbau, wo auch die Pressrückstände wieder ausgebracht werden, aber auch von langfristigen Partner*innen, die nach den Vorgaben von Josef Farthofer arbeiten. Er bezahlt faire Preise unabhängig von Preisschwankungen der Getreidebörsen und außerdem sofort bei Abnahme, was in der Branche eine absolute Ausnahme darstellt. Dafür bekommt er beste Qualität und muss keine großen Transportwege auf sich nehmen. Die Obsternte wird seit einigen Jahren zum Teil im Rahmen eines Sozialprogramms eingeholt, mit Menschen für die die Arbeit im Obstgarten Therapie ist.
Seit dem Jahr 2011 produziert Josef Farthofer Whisky – zuerst in Kleinstmengen, aber mit stetigem Wachstum. Nicht zuletzt durch die eigene Mälzerei widmet Farthofer seiner Leidenschaft viel Aufmerksamkeit. Das Sortiment umfasst eine gute Auswahl an Einzellagenwhiskys, Farthofer notiert auf jeder Flasche nicht nur die Getreidesorte, sondern sogar das Feld, von dem das Korn stammt. Außerdem sind auf der Flasche sogar das Fass und die Bodenbeschaffenheit vermerkt. Die Farthofer Whiskys sind keine Blockbuster, aber präzise und tiefgründig. Als Whisky-Liebhaber*in sollte man sie auf jeden Fall im Auge behalten, das wird noch sehr spannend.
(Besichtigungen sind gegen Voranmeldung möglich. Am 22. Juni finden die Mostviertler Feldversuche mit der Destillerie Farthofer als einem der wichtigsten Protagonisten statt.)
von Bernhard Degen
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