02.07.2025
Der große Gault&Millau-Test: Gutes Olivenöl aus Italien ist teuer geworden, viele Produkte sind aber ihren Preis wert.
Olivenöl-Experte Heinrich Zehetner erzählt, dass der Klimawandel der Produktion von Olivenöl zusetzt. Trockenperioden einerseits, aber auch zu viel Regen andererseits sind unerwünschte Rahmenbedingungen. Das Resultat daraus spüren wir alle an der Kassa im Supermarkt, Olivenöl ist empfindlich teurer geworden. Zwei österreichweit relevante Märkte haben aktuell sogar kein einziges italienisches Olivenöl in Extra-Vergine-Qualität im Angebot. Nach dem Fokus auf griechische Olivenöle im Vorjahr hat die Gault&Millau-Redaktion nun italienische Olivenöle aus heimischen Supermärkten getestet.
Extra Vergine ist die höchste Qualitätsstufe für Olivenöl in der Europäischen Union, auf Deutsch würde es „natives Olivenöl extra“ heißen. Die Kriterien sind europaweit geregelt, es sind nur mechanische Verfahren erlaubt, es ist also kein Einsatz von Lösungsmitteln oder chemischer Raffination zulässig. Die Oliven müssen kalt gepresst oder extrahiert werden, bei maximal 27 Grad. Und ganz wichtig: Die Öle müssen sensorische Tests bestehen, Fruchtigkeit muss vorhanden sein, Schärfe und Bitternoten sind ausdrücklich erwünscht. Das Problem ist nur, dass speziell in Italien fast doppelt so viel Extra-Vergine-Qualität verkauft wie produziert wird (u. a. laut International Olive Council oder dem italienischen Istituto Nazionale di Statistica). Dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze, nachvollziehen konnten wir bei unserer Verkostung, dass bei manchen Ölen ganz offensichtlich die sensorischen Prüfungen versagt haben. Fehlende Fruchtigkeit und muffige bis ranzige Noten waren ebenso wahrnehmbar wie fermentierte Noten, die auftreten, wenn das Rohmaterial zu spät verarbeitet wird.
Es mag banal klingen, aber der Preis ist ein entscheidendes Indiz. Die Produktion von hochwertigem Olivenöl ist aufwendig und teuer, Preise von unter zehn Euro für einen halben Liter dürfen aus heutiger Sicht Skepsis erwecken. Es gibt aber sicherlich positive Ausnahmen, insbesondere wenn man direkt beim Hersteller einkaufen kann. In Österreich fehlt uns dazu ja leider die Möglichkeit, deshalb haben wir eingekauft, wie es fast alle hierzulande machen: beim Supermarkt. Daher müssen wir uns auf Herstellerangaben verlassen. Abgesehen von der Extra-Vergine-Problematik sind konkrete Herkunftsangaben oder Siegel wie DOP bzw. IGT positiv zu vermerken. Auch Bio-Auszeichnungen oder Erntereferenzen mit Orten und Jahren sind begrüßenswert. Bezeichnungen wie „aus der EU-Gemeinschaft“ oder „aus mehreren Ländern der EU“ sind hingegen Hinweise auf designte Massenproduktion.
Aroma, Geschmack und Mundgefühl sind die entscheidenden Faktoren zur sensorischen Bewertung. Ein gutes Olivenöl hat sowohl Fruchtigkeit, Bitterkeit als auch Schärfe. Was oft als mindere Qualität gesehen wird, ist bei Profis höchst willkommen: Wenn sich Schärfe langsam aufbaut und das Öl fast kratzig wird, dann ist das ein sehr positives Qualitätsmerkmal. Wenn es hingegen schmierig fettig, ranzig, fermentiert oder schlammig schmeckt, dann sind das eindeutig Fehlnoten.
Insgesamt wurden 21 Öle aus den führenden heimischen Supermärkten (inkl. Online-Supermarkt) verkostet, die anonym eingekauft wurden. Das sind die besten sechs Öle, die in einer Finalrunde noch einmal quer verkostet wurden:
(Die Preise wurden auf einen Liter hochgerechnet, die häufigste Packungsgröße liegt bei 500 ml.)
von Bernhard Degen
Die Verkostung wurde vom Team des ORF-Konkret begleitet. Der Beitrag wird am 3. 7. um 18:30 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt.
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