07.05.2025

Uwe Schiefer kann sein Lebenswerk fortsetzen

Interview: Der Spitzenwinzer erzählt von goldenen Jahren, herben Rückschlägen und einem ambitionierten Neustart.

Uwe Schiefer
Uwe Schiefer © Weingut Uwe Schiefer

Es ist eine wilde Geschichte, die mit dem Wunsch nach einem eigenen Fass Blaufränkisch begann, zu einem eigenen kleinen Weingut führte und einen steilen Aufstieg mit sich brachte. Schwere Schicksalsschläge und falsche Entscheidungen stoppten den Erfolgslauf und endeten schließlich in einer Insolvenz. Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet sich die nächste: Uwe Schiefer erzählt im Gespräch mit Gault&Millau, was konkret passiert ist und wie es nun doch noch weitergehen kann.

Das erste Fass

Es war eine Bilderbuch-Karriere, die Uwe Schiefer nach Abschluss einer Hotelfachschule hinlegte: Seine Leidenschaft für Wein und empathische Gastgeber-Tugenden machten ihn zu einem gefragten Sommelier und führten ihn unter anderem ins Wiener Steirereck. Bald wuchs in dem gebürtigen Südburgenländer der Wunsch nach einem eigenen Fass Blaufränkisch, der das Potenzial der Böden und des Mikroklimas vom Eisenberg transportiert. Es wurde eine seltene Erfolgsgeschichte, sein Winzertalent sowie das herausragende Terroir wurden von führenden Gastronom*innen wie den Eselböcks erkannt und führten zu großer Nachfrage für kleine Mengen.

Volles Risiko

„Ich hatte keinen Traktor, keine Tanks, keinen Weinkeller, ich habe mir von null auf alles aufgebaut“, schildert der Quereinsteiger den Beginn seines Winzerlebens. Zuerst noch nebenberuflich, später mit vollem Risiko. „Silvester 1997 war mein letzter Arbeitstag in Wien“, erinnert er sich. „Bis 2007 übernahm ich die Gastronomie meiner Eltern im Burgenland, danach verpachtete ich sie. Bis 2012 waren goldene Jahre!“ Schiefer schwärmt von den großartigen Jahrgängen 2009, 2011, 2012 und sensationellen Bewertungen der Weinmedien. „Dann habe ich noch einmal vergrößert und privat sowie in den Weinkeller investiert.“ 2013 zogen Unwetter und ein verheerender Hagelsturm über das Land, die die Weingärten regelrecht vernichtete. Es war nur eine verschwindend kleine Ernte möglich, und die Rebstöcke waren so stark beschädigt, dass sie sich selbst im Folgejahrgang noch nicht ganz erholt hatten. Sogar einen Hangrutsch musste Schiefer nach schweren Unwettern hinnehmen. Abgesehen vom enormen materiellen Schaden waren gute Kund*innen verloren gegangen.

Dann kam Corona

„2015 war wieder alles sehr gut“, Schiefer konnte aber nur kurz Hoffnung schöpfen. „2016 hat sich dann alles wiederholt.“ Der Weinbauer war wirtschaftlich am Boden, hatte große Ausstände bei Banken und Partner*innen sowie schwere Verluste bei Kundenbeziehungen. Eine Partnerschaft mit dem bayerisch-steirischen Investor Hans Kilger im Jahr 2017 rettete das Überleben. Vorläufig. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet“, schildert Schiefer. „Es sah richtig gut aus, dann kam Corona.“ Die Auswirkungen für Gastronomie und Weinwirtschaft sind bekannt. Im Juni 2024 war das Weingut in Großpetersdorf schließlich von einem schweren Hochwasser betroffen. Während die Weingärten diesmal von der Naturkatastrophe verschont blieben, waren alle Maschinen zerstört. „Von heute auf morgen hatten wir keine Arbeitsgeräte mehr“, hadert der Unternehmer mit dem Schicksal. Weingüter, die über Generationen in Familienbesitz waren, kamen mit den existenzbedrohenden Rahmenbedingungen irgendwie zurecht, für den Quereinsteiger war das alles zu viel. Eine Insolvenz war für ihn die letzte Konsequenz. Es ging laut ORF um Verbindlichkeiten von rund drei Millionen Euro, betroffen waren acht Dienstnehmer*innen und über 100 Gläubiger*innen. Hans Kilger war für eine Stellungnahme nicht erreichbar, gegenüber Falstaff gab er im Jänner 2025 an, dass er Uwe Schiefer als Winzer ebenso schätzt wie seine Weine, dass das Joint Venture auf der wirtschaftlichen Seite aber keine Zukunft mehr hatte.

Uwe Schiefer mit Sohn Paul
Uwe Schiefer mit Sohn Paul © privat

Mutig in die Zukunft

Die Geschichte des Weinguts birgt Stoff für Verzweiflung, Wut und Magengeschwüre, Uwe Schiefer gibt aber nicht auf. Dank eines peniblen Wirtschaftsplans kann der 56-Jährige nun einen Neustart verkünden: „Ich bin sehr froh, dass ich das für mich und meine Familie ermöglichen konnte.“ Sohn Paul (Jahrgang 2004) hat das Weinfieber längst gepackt, sammelt am Weingut von Fritz Wieninger Erfahrungen, der jüngere Bruder geht noch zur Schule.

Traumjahrgang 2021

Wie soll es weitergehen? Die neugegründete Schiefer Wein GmbH beschäftigt ganzjährig acht Mitarbeiter, darunter den angesehenen Sommelier Thomas Fassl, der die Vertriebsagenden verantwortet. Uwe Schiefer konnte nicht nur das Weingut, die Infrastruktur und seine besten Lagen (Hannersberg, Königsberg, Tschaterberg, Szapary und Reihburg) zurückkaufen, auch alle Weinbestände. „2021 ist fantastisch. Wahrscheinlich der beste Jahrgang, den wir je produziert haben. Dass wir ihn nun im Juni launchen können, ist das Beste, was dem Wein passieren konnte“, so Schiefer.

Gut gerüstet

In den Kellern des passionierten Winzers reifen aktuell vier hervorragende Jahrgänge, das Weinjahr 2025 beginnt vielversprechend – Spätfröste sind aktuell sehr unwahrscheinlich und 90 Prozent der Weingärten sind mit Hagelnetzen geschützt. Der gesamte Betrieb befindet sich in Zertifizierung zur Umstellung auf biologisch-organische Bewirtschaftung – bei den Weingärten ist sie seit zwei Jahren durch, die Weine folgen bis spätestens 2026. Es wartet viel Arbeit auf Uwe Schiefer, es ist ein Schuldenberg abzuarbeiten, aber alle wissen, dass er aus seinen großartigen Lagen einzigartige Weine machen kann. Und jetzt darf er auch mal ein wenig Glück haben – wir wünschen es ihm sehr.

www.weinbau-schiefer.at

von Bernhard Degen

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