07.11.2024

Daniel Spoerri – Pionier der Eat Art – ist tot

Der Objektkünstler war der Kulinarik Zeit seines Lebens verbunden, eines seiner Kunstwerke ziert die Gault&Millau-Urkunde 2025.

Das Motiv der Künstlerurkunde 2025
Das Motiv der Künstlerurkunde 2025 © Jeff Mangione / KURIER / picturedesk.com

Für Daniel Spoerri war Essen weit mehr als eine bloße Nahrungsaufnahme – es war ein soziales Ritual, ein Spiegelbild der Gesellschaft und eine Bühne für künstlerische Verwirklichung. 1968 eröffnete er in Düsseldorf das legendäre „Restaurant Spoerri“, wo Speisen zu Kunst wurden und Gäste oft unwissentlich selbst Teil der Inszenierung. Die Reste der Mahlzeiten fixierte er auf Tischplatten, die dann als Kunstwerke erhalten blieben – Essensspuren als bleibendes Zeugnis der Vergänglichkeit. Mit dieser als Eat Art bekannt gewordenen Kunstform wird uns Spoerri immer in Erinnerung bleiben.

Der gebürtige Rumäne, der in der Schweiz aufgewachsen ist, hinterlässt mit seinem Museum in Hadersdorf am Kamp auch in Österreich nachhaltig Spuren. Auf der Suche nach einem passenden Lagerraum war er nach Niederösterreich gekommen, wo er zwei Liegenschaften in eine gemeinnützige Stiftung einbrachte. Auch hier finden wir wieder eine enge Verbindung zur Kulinarik, denn eines der beiden Gebäude beherbergt im Erdgeschoß das mit vier Hauben dekorierte Esslokal von Barbara und Roland Huber.

Für Gault&Millau stellte er eines seiner Kunstwerke für die Urkunden der Prämierungen 2025 zur Verfügung, damit wird er in den besten Restaurants des Landes vielfach vertreten sein. Er zeigte, dass Genuss und Reflexion Hand in Hand gehen können, und dass Kunst, so wie das Leben, ein Fest für die Sinne ist.

Mit Daniel Spoerri verliert die Welt einen einzigartigen Künstler, der Grenzen zwischen Kunst und Alltag, zwischen Objekt und Aktion radikal verwischte. 1930 geboren, etablierte sich Spoerri zunächst in der Avantgarde-Szene von Paris. Seine kreativen Wurzeln lagen im Tanz und Theater, doch er fand seine wahre Ausdruckskraft in der bildenden Kunst und wurde als „Meister der Fallenbilder“ bekannt – Werke, die zufällige Alltagssituationen einfrieren und so den Moment als Kunst verewigen.

Mit Spoerri verliert die Welt nicht nur einen Künstler, sondern einen Visionär, der die Kunst des Essens in die Galerien brachte und uns lehrte, im Gewöhnlichen das Besondere zu sehen.

von Bernhard Degen

Künstlerurkunde 2025
Künstlerurkunde 2025 © Daniel Spoerri, Le mégot du cigare de Marcel Duchamp 1964

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