23.03.2023

Käse-Schätze aus dem Silber-Stollen

Am Rande des steirischen Almenlandes werden Käse-Spezialitäten gereift, die international für Furore sorgen.

Schier endlose Stollen mit Käselaiben
Schier endlose Stollen mit Käselaiben © Bernhard Degen

Es braucht einen Visionär mit Courage und Ausdauer, wenn man aus einem stillgelegten Silberbergwerk eine der spannendsten Käse-Produktionen Österreichs machen will. Genauso ein Mann ist Franz Möstl, dessen Hauptgeschäft im Bereich des Molkerei- und Käserei-Anlagenbaus liegt. Sein etwa 100-köpfiges Team hat schon in halb Europa entsprechende Betriebe errichtet. Doch wie entwickelt man sich vom technischen Unternehmer zum hochdekorierten Käseaffineur?

Franz Möstl erzählt, dass eine seiner Inspirationen ein Besuch in der berühmten Kaltbach-Höhle in der Schweiz war, in dem Gruyère zu außerordentlicher Qualität reift. Tief im Berg ist die Temperatur immer gleich, es gibt noch keine Technik, die diesen natürlichen Bedingungen gleichkommt.

Bergwerk, Heilstollen, Käselager

Da für Möstl das Thema Käse nicht nur ein technischer Brotberuf ist, sondern auch eine tiefgründige Leidenschaft, ließ ihn der Gedanke nicht los, selbst Käse in einer Höhle reifen zu lassen. Sei es Karma, Schicksal, Glück oder nur Zufall, aber Möstl hat in seiner Heimatgemeinde ideale Voraussetzungen für Käsereife gefunden, nur ist es in seinem Fall keine Höhle, sondern ein Stollen. Im ehemaligen Silberbergwerk von Arzberg gab es ungenutzte Räumlichkeiten, die als Heilstollen ausprobiert worden waren. Im Jahr 2006 begann Möstl dort die Eignung als Reifestollen zu testen. Nicht jede Höhle und nicht jeder Stollen eignen sich für Käse-Reife. Selbst große Käsereien mussten mit ihren Expertenteams schon so manch bittere Erfahrung machen. Doch das ehemalige Arzberger Silberbergwerk erwies sich als ideal: die hohe Luftfeuchtigkeit von 98 bis 99 Prozent lässt den Käse bei einer konstanten Temperatur von zehn Grad Celsius schonend und langsam reifen sowie geschmeidig bleiben. 

Der Schatz im Silberberg

Noch mehr scheint sich aber das immer noch im Berg vorhandene Silber auszuwirken: Es schimmelt nichts! Hochaktive Silberionen wirken nicht nur antibakteriell, sondern legen auch das Wachstum von Viren und Pilzen lahm. Tafelsilber hatte früher nicht nur die Funktion repräsentativ auszusehen, es sollte auch seine Besitzer vor Krankheiten schützen. Auch heute noch findet dieses Wissen Anwendung: In Textilien und Matratzen werden Silberfäden eingearbeitet, um bakterielle Reaktionen zu verhindern. Für den Almenland Stollenkäse ermöglicht das Silbererz jedenfalls ungeahnte Reifemöglichkeiten.

Galerie

Franz Möstl am Stolleneingang
Franz Möstl am Stolleneingang © Bernhard Degen
Am Beginn des Kreislaufs stehen die Salzbäder
Am Beginn des Kreislaufs stehen die Salzbäder © Bernhard Degen
Dann reifen die Käse mehrere Monate im Stollen
Dann reifen die Käse mehrere Monate im Stollen © Bernhard Degen
Auch für Weine eignen sich die Reifebedingungen ideal
Auch für Weine eignen sich die Reifebedingungen ideal © Bernhard Degen

Vize-Weltmeister

Franz Möstl betont jedoch, dass er in seinen Stollen die Käselaibe nur dann erfolgreich veredeln kann, wenn die Basis-Qualität passt. Seine Kern-Produkte werden mit Milch von zwei Bauern aus dem Naturpark Almenland gemacht. Dabei geht es ausschließlich um Heumilch von Weiden und Almen, die maximal drei Mal im Jahr gemäht werden, das lässt eine viel größere Gräservielfalt zu. Doch auch die Milch von den Weizer Schafbauern und vom Ziegenhof Harrer werden zu hochwertigen Käseprodukten verarbeitet. Dazu kommt, dass beispielsweise beim Ursteirer die Kultur selbst gezüchtet wird. Diese Mühen wurden schon mit eindrucksvollen internationalen Auszeichnungen belohnt. Der Arzberger Ursteirer wurde im Jahr 2018 beispielsweise beim World Champion Cheese Contest, dem weltweit wohl wichtigsten Käse-Wettbewerb, unter 3.400 Einreichungen zum zweitbesten Käse der Welt gekürt. Dieser Erfolg war aber keineswegs eine Eintagsfliege, jedes Jahr werden Medaillen in allen Farben gesammelt. Zuletzt gab es beim World Champion Cheese Contest im Jahr 2022 eine Goldmedaille für den Arzberger Aurum.

Gösser Bier und Leutschacher Sauvignon

Längst haben heimische Käseproduzenten das Potenzial des Arzberger Silberstollens erkannt. Einer der bekanntesten Käse des Landes, der Erzherzog Johann Stollenkäse, wird mit zwei bis drei Monaten Reife von der Obersteirischen Molkerei angeliefert und weitere sechs Monate zur höchsten Güte gereift. Auch der Gösser-Bierkäse und der Leutschacher Sauvignon-Käse werden im Arzberger Stollen gereift, wobei hier lokale Milch verwendet und Bier bzw. Wein ergänzt wird. 

Führung und Verkostung

Die faszinierende Geschichte des Almenland Stollenkäses erlebt man mit einer persönlichen Führung durch die Stollen am besten. Das vom Silberbergwerk vorhandene Stollensystem wurde noch bis zu einer Länge von 300 Metern in den Berg ausgebaut. Im Anschluss an die Führung wird eine aufschlussreiche Verkostung durch einen Teil des mittlerweile umfassenden Käsesortiments angeboten. Uns haben dabei der feinwürzige und wunderbar geschmeidige Teichalmer mit mindestens sechs Monaten Reife sowie der duftende und cremige Arzberger Ursteirer am besten gefallen. 

Bezugsquellen

Erhältlich sind die Käse-Spezialitäten in der Gastronomie, in zahlreichen Verkaufsstellen (vor allem in der Region) oder im Online-Shop. Am besten schmecken sie aber vor Ort, einen Besuch könnte man gleich mit einem Spaziergang auf der Teichalm oder einem Dinner bei Eveline Wild und Stefan Eder im ZeitRAUM verbinden. Für einen längeren Aufenthalt im Naturpark Almenland empfiehlt sich das Almwellness-Hotel Pierer mit seinem eindrucksvollen Wein-Tresor

www.almenland-stollenkaese.at

von Bernhard Degen

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