17.09.2024

Hochwasser trifft auch Weinbau schwer

Kremstal, Kamptal und Traisental sind am schlimmsten betroffen. Die Schäden sind regional aber sehr unterschiedlich.

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Symbolfoto © Shutterstock

Wer die Nachrichten zur Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich verfolgt hat, hat die Bilder vom Ottensteiner Staudamm, dem Kamp als reißenden Fluss und das überschwemmte Tullnerfeld vor Augen. Agrarflächen und insbesondere Weingärten sind unmittelbar betroffen. Zudem stehen viele Keller, von der Wachau bis in die Thermenregion südlich von Wien, unter Wasser. Und dennoch: Wenn man mit Winzer*innen spricht, überwiegt die Zuversicht. Das liegt einerseits daran, dass die Trauben nach dem heißen Sommer sehr früh reif waren und vieles schon gelesen wurde. Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager schätzt im Gespräch mit Gault&Millau, dass schon ein Drittel bis zur Hälfte geerntet wurde. Andererseits ist das Traubenmaterial, das noch in den Weingärten hängt, kerngesund. Höhere und gut drainierte Lagen profitierten sogar vom Dauerregen. Dabei sprechen wir allerdings nicht von über 400 Litern pro Quadratmeter, wie sie im Raum St. Pölten gefallen sind.

Der niederösterreichische Weinbaupräsident Reinhard Zöchmann bestätigt im Gespräch mit Gault&Millau, dass die Auswirkungen des Hochwassers regional sehr unterschiedlich sind. Im Weinviertel beispielsweise hat man 70 bis 80 Prozent der Ernte bereits eingefahren, und es gab keine großen Überflutungen. In der Wachau hingegen steht man erst am Beginn der Lese. In den besseren Lagen ist das Wasser wegen der Urgesteinsböden und der Terrassierungen gut abgelaufen. Problematisch ist allerdings, dass laut Vinaria viele Trockensteinmauern von Erd- und Wassermassen eingedrückt wurden, das Befahren der Weingärten ist mancherorts lebensgefährlich. Hangrutschungen sind auch in den nächsten Tagen noch möglich.

Wie geht es nun weiter?

Die aktuelle Herausforderung besteht darin, dass das reife Traubenmaterial nun rasch geerntet werden muss, da die prognostizierte Witterung Fäulnis begünstigt. Hohe Luftfeuchtigkeit, Nebel, Windstille und höhere Temperaturen sind in dieser Hinsicht äußerst ungünstig. Wind, Sonne und kühle Nächte können die Traubenqualität hingegen noch verbessern. Johannes Schmuckenschlager betont, dass sich die hohe Traubenreife und die bisherige Lockerbeerigkeit positiv auswirken: „Wenn, dann haben wir Botrytisbefall (Anm.: Edelfäule) und keine Essigfäule. Verheerende Zustände wie 2014 sind nicht mehr möglich.“

Die große Unsicherheit für viele Winzer*innen besteht nun in der Frage, wie schnell die Weingärten befahrbar sind. Vielerorts würden Traktoren oder Lesemaschinen stecken bleiben. „Jetzt ist Handlese gefragt“, betont Reinhard Zöchmann. Doch das bringt die nächste Herausforderung mit sich: Wie schnell kann man Lesehelfer mobilisieren?

Burgenland und Steiermark

Während Niederösterreich und Wien die meisten Niederschläge verzeichneten, gab es im Burgenland und in der Steiermark zwar auch Rekordmengen, jedoch nicht in diesem katastrophalen Ausmaß. Vinaria startete einen Rundruf, und Winzer*innen vom Weinviertel bis in die Südsteiermark berichteten von ihren schwierigen, teils dramatischen Situationen. Auch von Sturmschäden war die Rede, Rebzeilen drohten zu kippen und mussten stabilisiert werden.

Im Burgenland konnte vor dem großen Regen schon viel in die Keller gebracht werden, insbesondere der frühreife Zweigelt. Blaufränkisch hängt größtenteils noch, hier heißt es nun bangen und Blattwerk reduzieren, um die Rebzeilen gut zu belüften. Am wenigsten bedrohlich scheinen die Auswirkungen in der Südsteiermark zu sein. Hier weiß man gut mit viel Regen umzugehen, und die Niederschlagsmengen waren deutlich geringer. Hinzu kommt, dass das Traubenmaterial von hoher Qualität ist. Erwin Sabathi spricht gegenüber Vinaria von wunderbaren Zuckergraden und toller Qualität, die in die Keller kommen wird. Die Lese von Sauvignon Blanc beginnt erst. Allerdings gibt es auch hier einen Wermutstropfen: Die Erntemenge wird sogar geringer ausfallen als im katastrophalen Frostjahr 2016.

Wir wagten am 10.9. eine Prognose zum Weinjahr 2024, die Aussagen zur Weinqualität sind nach wie vor aufrecht, die schon da erwartete geringe Erntemenge schrumpft weiter.

von Bernhard Degen


Wer betroffene Flutopfer unterstützen möchte kann dies u.a. hier tun:
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