21.10.2025
Zwei junge Gastronom:innen übernehmen ein Beisl im dritten Bezirk. Es gibt elaborierte Heurigenküche, naturbelassene Weine und gelegentliche Karaoke-Abende.
Wiener Beisln sind Kulturgut. Sie leben von Gemütlichkeit, bezahlbaren Seideln, urigen Wirtsleuten und den Menschen, die zum Einkehren, Zeitunglesen und Philosophieren vorbeischauen. „Inges Eck“ im dritten Gemeindebezirk war über Jahre hinweg ein solcher Ort – bis sich die Wirtin im Zuge ihres anstehenden Ruhestands auf die Suche nach einer Nachfolge machte. Zur selben Zeit hielten Florian Gassmann und Alina Stantejsky Ausschau und fanden mit dem Eckbeisl schließlich ihr Lokal, das sie zum „Bistro Flameau“ umbenannten.
„Meine Oma ist in der Gegend aufgewachsen und hat hier früher lustigerweise Silvester gefeiert, wie wir vor kurzem erfahren haben“, erzählt Gassmann im Gespräch mit Gault&Millau. Bevor er sich selbstständig machte, arbeitete der Gastronom unter anderem im Rhinky, im Café Kriemhild als Serviceleiter und zuletzt im Reznicek. Ihn reizten dort vor allem das Heimelige und die persönliche Note. Mit dem „Flameau“ haben Gassmann und Stantejsky nun zwar ein Lokal mit Geschichte übernommen, allerdings auch eines, das etwas in die Jahre gekommen war.
Wer sich einem solchen Beisl annimmt, braucht Geduld und Muße zu handwerklicher Eigenleistung. Alle Bänke und Sessel wurden neu mit rotem Stoff überzogen. „Darunter war kaum noch Material, nur sechzehn Lagen Stoff, jede von einem anderen Besitzer, die bis in die Sechzigerjahre zurückgehen“, sagt Stantejsky und erzählt vom Abpolstern, das ihr eine Sehnenscheidenentzündung einbrachte. Die Wände erhielten einen neuen Anstrich, der Boden wurde eingelassen und zeigt sich nun glänzend und gemasert. Altes Mobiliar wurde verabschiedet und durch neues Altes wie Lampen, Geschirr und Speisekarten vom Flohmarkt ersetzt. Die Mikrofone der Vorbesitzerin haben die beiden behalten, als kleine Reminiszenz und zugleich Ausgangspunkt für künftige Karaoke-Abende.
Kulinarisch bleibt man bodenständig und wienerisch, „aber mit weltlichem Blick“. Es wird kalte, vegetarische Gerichte à la Heurigenküche geben – Schnittlauchbrot, Käse, Eingelegtes – ebenso wie Elaboriertes, darunter Saibling-Verhackerts vom befreundeten Züchter. „Best of both worlds wie bei Hannah Montana“, merkt Alina Stantejsky an. Wo der Blick über Landesgrenzen deutlich wird, ist bei der Weinkarte. Rund 40 naturbelassene Positionen listet die knallblaue, nostalgische Karte auf. Neben österreichischen Winzer:innen gibt es Weine von der Mosel, aus dem Beaujolais und der Champagne. Und den Hauswein mit Soda als Liter-Liter, weil auch hier: Wien-Bezug. „Ich suche unsere Weine gezielt aus, von unterschiedlichen Händlern. Und zu jedem Wein habe ich eine Anekdote“, sagt Florian Gassmann.
All jene, die selbst keine Ur-Wiener:innen sind und bei „Flameau“ an Frankreich dachten, irren sich: Der Name stammt aus dem Alt-Wienerischen und bedeutet „Hunger“. Gassmann kennt ihn von seinem Großvater: „Was ist, Bub, hast einen Flameau?“, soll der immer gesagt haben. „Zu uns sollen die Leute zum entspannten Essen und Trinken kommen. Wir verstehen uns als zeitgemäßes, gemütliches Nachbarschaftsbeisl“, sagen die Gastgeber:innen. Eines, das auch bisherige Stammgäste abholen soll – ein großes Bier Grieskirchner gibt es hier noch unter fünf Euro. „Inge, unsere Vorbesitzerin, sagte uns bei ihrer Abschiedsparty, wir müssen um zehn Uhr aufsperren, da komme ihre Stammkundschaft vorbei. Daran halten wir uns gerne, weil wir auch ein Beisl für alle bleiben möchten.“
Ab 24. Oktober können sich Gäste vom „Bistro Flameau“ offiziell ein Bild machen – von 10 bis 22 Uhr. Zum Auftakt gibt es ein Erdäpfelgulasch vom Reznicek-Team.
von Derya Metzler
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