100 Jahre Chianti Classico, 10 Jahre Gran Selezione

Im Jahr 2014 ging in Chianti Classico die Gran Selezione als brandneue Kategorie an den Start – mit 33 Weingütern. Heute bauen bereits 169 Weingüter mindestens eine Gran Selezione aus. Auf dem Etikett der Gran Selezione tauchen nun auch engere Herkunftsangaben auf, die sogenannten UGA. Diese erst vor wenigen Jahren definierten 11 Subzonen rücken Terroir und Herkunft stärker in den Fokus.

Bei der Jahrgangspräsentation „Chianti Classico Collection 2024“ in Florenz feierte das Consorzio Chianti Classico sein 100-jähriges Bestehen. 1924 war es von 33 Weingütern gegründet worden, heute hat es 500 Mitglieder. Das Anbaugebiet von Chianti Classico erstreckt sich zwischen Florenz und Siena, wurde bereits 1716 definiert und umfasst heute 7.000 Hektar Weinberge. Die typische Sorte Sangiovese steht für elegante Rotfruchtigkeit, viel Frische, Mineralität und hohe Tanninqualität. Wissen sollte man, dass die Regeln der Chianti Classico DOCG grundsätzlich erlauben, dass Sangiovese mit bis zu 20 Prozent anderen Sorten vermischt wird. Dafür sind autochthone Spezialitäten wie Canaiolo, Colorino und Malvasia nera, aber auch internationale Sorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon zugelassen. Letztere kommen heute allerdings bereits seltener zum Einsatz als früher, dazu liegt „Sangiovese in purezza“ in allen Qualitätsstufen (Annata, Riserva und Gran Selezione) im Trend. Erwähnenswert ist auch der hohe Bioanteil in der Chianti Classico DOCG; mehr als 50 Prozent der Rebfläche sind mittlerweile biozertifiziert.

Gran Selezione mit Herkunft

Als die Gran Selezione als oberste Kategorie der dreistufigen Qualitätspyramide von Chianti Classico 2014 eingeführt wurde, betonte man damit anfangs weniger die Herkunft oder Einzellagen, sondern eine längere Reifezeit am Weingut (30 Monate – anstatt 24 für die Riserva bzw. zwölf für die Annata). Dieses Konzept wurde aber bald in Richtung engere Herkunftsangaben weiterentwickelt. Deshalb gibt es nun die neuen UGA – Unità Geografiche Aggiuntive (zusätzliche geografische Einheiten), die in der ersten Phase nur auf den Etiketten der Gran Selezione in Erscheinung treten sollen. Benannt wurden die UGAs nach den wichtigsten Weinbauorten im Chianti Classico und so heißen die elf Subzonen: San Casciano, Greve, Montefioralle, Lamole, Panzano, Radda, Gaiole, Castelnuovo Berardenga, Vagliagli, Castellina und San Donato in Poggio.

Italiens „Map Man“ Alessandro Masnaghetti war an der Definition und Abgrenzung der elf UGA wesentlich beteiligt. Masnaghetti ist für seine detaillierten Lagenkarten für weltberühmte Weinbaugebiete bekannt. Über Chianti Classico sagt er: „Wir sind noch am Anfang und es war wichtig, diesen Prozess zu starten. Hier passiert eine große Veränderung im Mindset – von der Rebsorte hin zu Herkunft und Terroir.“ Neu geregelt wurden in diesem Zuge auch die Anforderungen in Bezug auf die Zusammensetzung einer Gran Selezione. Der erforderliche Sangiovese-Anteil wurde von 80 auf mindestens 90 Prozent erhöht und für die verbleibenden zehn Prozent sind nur noch traditionelle Sorten des Gebiets zugelassen: Canaiolo, Ciliegiolo, Colorino, Malvasia Nera, Pugnitello u.a. Auf internationale Rebsorten wird verzichtet. Etwa fünf Prozent der Chianti-Classico-Produktion gehören heute der Kategorie Gran Selezione, jedoch ist sie für immerhin 13 Prozent des Umsatzes der DOCG verantwortlich.

Herrlicher Jahrgang 2020

Insgesamt 771 verschiedene Weine von 211 Weingütern wurden bei der „Chianti Classico Collection 2024“ in Florenz präsentiert. Es handelt sich um eine Anteprima-Verkostung, was bedeutet, dass diese Weine nun ganz frisch auf den Markt gekommen sind. In Sachen Annata sind das in erster Linie die Jahrgänge 2022 und 2021. In der Stufe Gran Selezione bot die Fachverkostung den Journalist*innen 152 Weine. Nur zwölf davon kamen bereits aus dem Jahrgang 2021, was noch keine valide Aussage über die allgemeine Qualität zulässt, aber die besten jener 2021er waren kirschfruchtig, strukturbetont und straff; sie versprechen Langlebigkeit. Die Mehrzahl der Proben stammte aber vom Jahrgang 2020, der eine erstaunlich hohe Durchschnittqualität zeigte. In Sachen Gran Selezione präsentiert sich 2020 als Topjahrgang mit viel Finesse und Trinkfluss, der ausdrucksstarke und feinstrukturierte Weine mit heller Rotbeerigkeit, typischen floralen Noten und seidigen Tanninen bietet. Es war eine Freude, diese strahlenden Weine zu probieren. Die Gran Selezione 2019 hingegen fällt etwas dunkler, würziger und kraftvoller aus, die Highlights überzeugen mit Ausgewogenheit, großer Eleganz, Spannung und Vielschichtigkeit.

Topweine Gran Selezione

2021:

• Istine Vigna Casanova dell‘ Aia Radda Chianti Classico Gran Selezione 2021 (Radda)
• Poggio al Sole Chianti Classico Gran Selezione Casasilia 2021 (San Donato in Poggio)
• Brancaia Chianti Classico Gran Selezione 2021 (Radda)

2020:

• Riecine Vigna Gittori Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Gaiole)
• Castello di Ama San Lorenzo Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Gaiole)
• Castello di Albola Il Solatio Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Radda)
• Carpineto Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Greve)
• Dievole Vigna Sessina Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Vagliali)
• Ricasoli Castello di Brolio Chianti Classico Gran Selezione 2020 (Gaiole)
• Casa Emma Chianti Classico Gran Selezione 2020 (San Donato in Poggio)

2019:

• Frescobaldi Rialzi Chianti Classico Gran Selezione 2019 (Gaiole)
• Monteraponi Chianti Classico Gran Selezione 2019 (Radda)
• Nardi Viticoltori Vigna del Pino Chianti Classico Gran Selezione 2019 (Castellina)
• Querciabella Chianti Classico Gran Selezione 2019 (Greve)
• Le Cinciole Aluigi Chianti Classico Gran Selezione 2019 (Panzano)

2018:

• Castello di Radda Vigna Il Corno Chianti Classico Gran Selezione 2018 (Radda)

von Daniela Dejnega