26.08.2021
Das vergangene Jahr wird den heimischen Winzer besonders aus wirtschaftlicher Sicht in Erinnerung bleiben. Durch die monatelangen Gastro-Schließungen ist der Absatz stark eingebrochen. Nicht weniger einfach waren das Vegetationsjahr und die Weinernte. Wer aber penibel gearbeitet hat, kann sich jetzt über österreichtypische Weine mit Finesse, Strahlkraft und Eleganz freuen.
Das Weinjahr begann mit großer Trockenheit nach einem niederschlagsarmen Winter, das Frühjahr mit gelegentlichen Regenfällen und angenehmen Temperaturen bescherte den Reben dann aber eine gute Entwicklung. Schwierig war vielerorts der warme, aber feuchte Sommer. Er verlangte den Weinbauern viel Engagement ab. Gezieltes Laubmanagement, punktgenauer Pflanzenschutz und ein ständig wachsames Auge waren unerlässlich und kräfteraubend. Während der Reifezeit gab es lokale Hagelereignisse. Betroffen: das Traisental, Teile des Burgenlandes und die westliche Wachau. Insgesamt brachte 2020 aber eine hohe Anzahl an Sonnenstunden, die das Ausreifen der Trauben günstig beeinflusste. Während der Ernte waren regionale, teils starke Regenschauer ein Problem. Auch hier musste sensibel und viel Aufwand gearbeitet werden. Die Jungweine zeigen sich bei den ersten Verkostungen sehr vielversprechend. Die Weißweine sind sortentypisch, knackig und elegant. Die Rotweine haben eine gute Frucht und einen moderaten Alkohol. Insgesamt hat 2020 etwas mehr Säure als 2019. Die Menge liegt mit rund 2,3 Millionen Hektoliter leicht unter dem Durchschnitt.
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GERNOT HEINRICH, WEINGUT HEINRICH, NEUSIEDLERSEE (GAULT&MILLAU ALTERNATIVER WEIN DES JAHRES 2021)
Gernot Heinrich installiert gerade eine Heizung in seinem Hühnerhaus, als wir ihn telefonisch für unser Gespräch erreichen. „Die nächsten Tage sind sehr kalt vorhergesagt, da will ich für die Hühner eine Wärmequelle installieren“, sagt er. Seit Jahren bewirtschaftet Heinrich sein Weingut mit rund 100 Hektar Fläche biodynamisch. Tiere gehören da wie selbstverständlich dazu. 2020 hat ihm und seinem Team viel Kraft gekostet. „Es war ein milder, aber sehr trockener Winter. Wir hatten kein Eis am Neusiedlersee. Ab Mai bekamen die Reben dann aber immer wieder eine moderate Versorgung mit Regen. Zusammen mit der Wärme steigt damit leider auch der Pilzdruck. Wir beobachten die Weingärten im biodynamischen Sinn das ganze Jahr über sehr genau, deshalb konnten wir daher auch immer schnell reagieren. Eine selektive Laubarbeit war essentiell“, so der Winzer. Die Ernte startete am Betrieb Mitte September. Das was jetzt im Keller liegt beschreibt Heinrich als vielversprechend.
"Das erste was aus 2020 abgefüllt wird, ist unser erfrischender Blaufränkisch „Naked Rosé“", erzählt er. Wenn Gernot Heinrich aktuell nicht draußen beim Rebschnitt ist, trifft er sich mit seinen Kunden aus der ganzen Welt im virtuellen Raum. Zoom-Tastings mit Sommeliers in Russland oder Gespräche mit Importeuren aus Skandinavien sind an der Tagesordnung. Der Markt in Österreich war für ihn die letzten Monate am schwierigsten. Durch den Saisonwegfall in Westösterreich hat das Weingut deutliche Einbußen. Glücklicherweise funktioniert der Verkauf auf den Exportmärkten sehr gut.
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VIKTOR FISCHER, WEINGUT FISCHER, TRAISENTAL (GAULT&MILLAU ENTDECKUNG DES JAHRES 2021)
„Jedes Jahr ist anders und das ist auch gut so. Wir leben mit der Natur und ich möchte, dass der Jahrgangscharakter deutlich im Wein schmeckbar ist“, sagt Viktor Fischer, Winzer im Traisental und unsere Entdeckung des Jahres 2021. Auch in seiner Region gab es im Frühjahr und Sommer mit Niederschläge und somit eine Witterung die die Reben besonders anfällig für den falschen Mehltau – Peronospora – macht. „Wir mussten heuer eine Spur mehr Kupfer verwenden, waren aber immer noch im niedrigen Bereich mit knapp zwei Kilo pro Hektar. Ich mische in die Kupferbrühe einen Aufguss aus Brennnessel, Schafgarbe, Lavendel und Salbei. Das stärkt die Pflanzen“, berichtet er. Ein Hagelereignis anfangs September richtete in manchen seiner Weingärten großen Schaden an.
sagt Fischer weiter. Trotzdem ist er mit den Jungweinen in seinem Keller sehr zufrieden. Nach den eher fetteren, vergangenen Jahren sind die Weine heuer duftig, resch, lebendig und haben viel Rebsorten- und Gebietstypizität. Nachdem im Frühjahr quasi sämtliche Weinmessen ausfallen, hält der junge Winzer persönlichen Kontakt zu seinen Kunden, telefoniert mit ihnen oder schreibt. An Sommeliers verschickt er Kostpakete, hofft aber, seine Gastronomiekunden bald wieder besuchen zu können. Der große Anteil an privaten Weinkunden habe ihm in der letzten Zeit geholfen. Der Abhof-Verkauf sei gottseidank erlaubt.
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CHRISTOPH POLZ, WEINGUT POLZ, SÜDSTEIERMARK
Auch in der Steiermark schaut man auf ein nicht ganz einfaches Jahr zurück. „Wobei wir feuchte Witterung im Gebiet gewohnt sind“, erklärt Christoph Polz vom Weingut Polz in Spielfeld. Der letzte Winter war mild und es ist früh warm geworden. Dies begünstigte den zeitigen Austrieb der Reben. Dann wurde es aber wieder kühl, was den Vegetationsverlauf wieder auf den Level eines normalen Jahres einpendelte. Über den Sommer herrschten angenehme Temperaturen. „Wir haben Mitte September mit der Ernte für die Sektgrundweine begonnen. In heißen Jahren fangen wir oft schon im August an. Nach den Trauben für den Sekt ging es Schlag auf Schlag. Die physiologische Reife hat sehr gut gepasst. Das Zucker-Säure-Verhältnis war heuer ideal“, sagt Polz. Die Weinernte hat bei Polz vier Wochen gedauert, viel Auslesearbeit und mehrere Erntedurchgänge waren notwendig um perfekte Trauben heimzubringen. „Die jungen Weine zeigen viel Rebsortencharakter, vor allem Sauvignon Blanc und die Burgundersorten machen richtig was her“, sagt der Winzer über die Qualität. Und weiter:
Für Christoph Polz hat das heurige Jahr auch viel weniger Reisen zu seinen Kunden bedeutet. In der Familie nutzte man die Zeit, den Betrieb organisatorisch auf ganz neue Beine zu stellen. Sein Bruder Erich und er sind nun in Eigenregie für das Weingut, das nach einer kurzen Umstellungszeit wieder ganz im Besitz seiner Familie ist, zuständig. Sein Onkel, Walter Polz, arbeitet seit dem Vorjahr bei der Domaines Kilger. Alle Zweige, die neben dem Weingut betrieben wurden, sprich die Vinofaktur, der Kreuzwirt und das Hotel, gehören nicht mehr zum Familienunternehmen. Fokus ist nun wieder zu 100 Prozent der Wein, ganz so, wie alles vor vielen Jahren begonnen hat.
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Text: Petra Bader
Credit Titelfoto: ÖWM, Robert-Herbst
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