28.11.2024

Die letzten Jahrzehnte eines halben Jahrtausends

Günter Triebaumer präsentiert 36 Jahrgänge vom Ruster Ausbruch.

Günter Triebaumer
Günter Triebaumer © Jürgen Schmücking

Es ist ein historisches Dokument in Form eines Briefs – eine gut erhaltene Handschrift vom 27. Juni 1524. In Latein verfasst und mit königlichem Siegel versehen. Warum königlich? Weil der Ruster Ausbruch, ebenso wie sein royaler Schutzstatus, eine wesentliche Rolle in der Geschichte Österreich-Ungarns spielt. Maria von Ungarn und Böhmen brauchte Geld – einerseits, um die Verteidigung gegen die Türken zu finanzieren, und andererseits, weil ein Hofstaat doch eine recht kostspielige Angelegenheit war. Der genannte Brief war ein Freibrief, den sich die Ruster einiges kosten ließen. Durch das an den Fässern angebrachte "R" konnte der Wein zollfrei nach Sopron, in die protestantische Schwesterstadt von Rust, gebracht werden. Ein Gewinn für alle Beteiligten und ohne Zweifel die erste Herkunftsbezeichnung für ein österreichisches Produkt.

Regina und Günter Triebaumer wollten diesem Jubiläum eine Bühne bieten und griffen beherzt in ihren Keller: 34 Weine aus sechs Jahrzehnten. Ein einzigartiges Lineup und eine eindrucksvolle Demonstration dessen, was der Ruster Ausbruch kann. Der erste Wein in der Verkostung war der Jahrgang 1979 – nicht ganz zufällig. Es war jenes Jahr, in dem der Ruster Ausbruch auf das Weingut kam. Anders gesagt: Es war der erste Prädikatswein von Günter Triebaumers Vater. Außerdem jenes Jahr, in dem Paul, der Vater von Günther und Ernst Triebaumer, aus der Genossenschaft austrat. Der Wein – ein extrem konzentrierter Welschriesling vom Gillesberg – war ein fulminanter Auftakt. Nach fast einem halben Jahrhundert hat er noch immer eine verblüffende Strahlkraft: markante Säure, in der Nase kandierte Orange, Dörrpflaumen, ein Hauch in Rum eingelegter Rosinen und Schwarztee. Auch am Gaumen macht er eine exzellente Figur.

Galerie

34 Weine aus sechs Jahrzehnten
34 Weine aus sechs Jahrzehnten © Jürgen Schmücking
Jahrgang 1979
Jahrgang 1979 © Jürgen Schmücking
Jahrgang 1995
Jahrgang 1995 © Jürgen Schmücking
Edelfäule
Edelfäule © Jürgen Schmücking

Ein Bad im Drachenblut

Nach diesem Kickstart folgte der Jahrgang 1981, ein lupenreiner Neuburger. In Sachen Oxidation scheint dieser Wein ein Bad in Drachenblut genommen zu haben – nichts kann ihm etwas anhaben. Stramm im Glas, ein zeitloses Monument. Günter Triebaumer weist auf die "Nussstrudelnase" des Weins hin (nicht auf seine eigene, wie er betont). Und er hat Recht: Ein Potpourri aus Nüssen, eingelegten Rosinen, Korinthen und Zibeben – ein Wein zum darin Versinken.

Sämtliche Weine dokumentieren die Geschichte der Familie und die Geschichte des Ausbruchs selbst. Sie repräsentieren den Boden und das Wetter. 1989 ist ein Jahrgang, der noch deutlich oxidativ ins Glas kommt, während dies danach kein Thema mehr ist. Manche Jahrgänge stachen besonders heraus – 2007 zum Beispiel. Ein üppiges Jahr, das für einen ebenso üppigen Ausbruch sorgte: Pfirsichmark und Marillenröster. Ein großartiger Wein, der immer noch brilliert. Die 1980er waren die „Traminer-Jahre“, während die 1990er einige magere Süßwein-Jahre brachten. 

Die Perlen der letzten Jahre

Aktuell sind zwei Ausbrüche aus dem Jahr 2022 erhältlich: eine Cuvée aus Bouvier und Welschriesling sowie ein reinsortiger Muskateller. Beide Weine blitzen jetzt schon vor Brillanz auf, sollten jedoch idealerweise in einem hinteren Kellerregal lagern – nächster Versuch in sieben bis acht Jahren oder bei der nächsten Vertikale.

www.triebaumer.at

von Jürgen Schmücking

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