19.02.2025
Von Salzburg über die Schweiz und die USA auf die Insel. Einer der erfolgreichsten heimischen Sommelier-Exporte im Gespräch.
Wie weit einen Offenheit, Wissensdurst und eine solide Sommelier-Ausbildung bringen kann, hat Felix Wetzlmaier in seinem intensiven Werdegang vorgelebt. Dabei steht der 26-Jährige erst am Anfang seiner Karriere. Wir erreichen den gebürtigen Salzburger mit gehöriger Zeitverschiebung im Kurumba-Resort auf einem paradiesischen Eiland auf den Malediven und staunen darüber, wieviel der junge Sommelier schon erlebt hat und erzählen kann. Doch von Anfang an: Die schulische Laufbahn in der Tourismusschule Klessheim war mit zweieinhalb Jahren vergleichweise kurz, verschuf dem praxisoriententen jungen Mann aber eine solide Basis. Darauf aufbauend machte er eine Lehre zum Restaurantfachmann im Hubertushof in Anif.
Schon bevor Wetzlmaier beruflich mit Wein zu tun hatte, interessierte er sich für das Thema privat. “Ich habe mit meinen Freunden schon sehr früh seriös Wein getrunken, anstatt Wodka und Co. Für guten Wein haben wir gerne Geld in die Hand genommen und das zelebriert.” Im Jahr 2018 hat er schließlich seine berufliche Wein-Ausbildung begonnen und den Sommelier Österreich am WIFI, bei Johannes Einzenberger begonnen. Nach einer Wintersaison im Zürserhof am Arlberg heuerte Wetzlmaier im Hotel “Das Edelweiss” in Großarl als Assistant Sommelier an und schloss parallel seine Sommelier-Ausbildung am WIFI ab. Der ausschlaggebende Mentor für seine weitere Entwicklung war Head-Sommelier Patrick Aichlseder, mit dem er heute noch eng verbunden ist. Dieser förderte ihn nicht nur in der internen Weiterentwicklung zum Head-Sommelier, während er parallel zum F&B-Coordinator aufstieg. Er unterstützte ihn auch bei der Ausbildung zum Diplom-Sommelier.
Nach dreieinhalb Jahren in Großarl ergatterte Wetzlmaier einen Sommelier-Traumposten im Restaurant Gupf im Schweizerischen Appenzell. Im Keller schlummern 33.000 Flaschen mit über 3.000 Positionen. Darunter alle Ikonen der Weinwelt mit allen relevanten Jahrgängen. “Das war der bislang spannendeste Abschnitt meiner Wein-Karriere”, schwärmt der Wein-Aficionado. “An einem klassischen Mittwoch Mittag wurde ein Lafite-Rothschild 1902 (!) bestellt. Der Gast hat bemerkt, wie beeindruckt ich war und hat mir die restliche Flasche geschenkt. Im ‘Gupf’ gibt es alles: 1928 Yquem, 6-Liter-Pétrus, Romanée Conti in der Magnum. Von Mouton-Rothschild haben sie jeden Jahrgang von 1938 bis 2018, auch mit Doppeletiketten. Sie haben alle Romanée Conti Grand Cru Lagen. Ich durfte immer alles probieren. Aber die großen Namen sind nicht alles, ich rate jungen Sommeliers, alles unvoreingenommen zu probieren und sich nicht vom Preis beeindrucken zu lassen.”
Die zwei Jahre in der Schweiz waren für Wetzlmaier extrem lehrreich, aber er sehnte sich nach einem weiteren Horizont. Sein Mentor Patrick Aichlseder stellte einen Kontakt zu Kurt Gutenbrunner her, dem österreichischen Starkoch in New York. “Er hat auf meine Mails nicht geantwortet, da hab ich ihn einfach angerufen. Anfangs war er reserviert, weil er wohl viele Anfragen aus Österreich bekommt und mich darauf aufmerksam gemacht, wie schwierig es ist, ein Visum für die USA zu bekommen. Dann haben wir vereinbart, dass ich einfach rüberfliege und mir den Betrieb für ein erstes Kennenlernen ansehen darf. Von Tag eins war klar, dass wir uns verstehen. Kurt hat mich voll unterstützt und nach einem halben Jahr durfte ich anfangen."
Mein Mut wurde immer belohnt."
Vom ersten Tag an hat die Zusammenarbeit mit Kurt Gutenbrunner im Wallsé ausgezeichnet funkioniert: “Es hat großen Spaß gemacht, er hat mir vertraut und ich durfte sogar die Weinkarte nach meiner Philosophie umgestalten.” Wetzlmaiers Durchhaltevermögen bei der problematischen Wohnungssituation in New York wurde ebenso belohnt wie sein berufliches Engagement: Bei der international renommierten Star Wine List wurde seine Weinauswahl als beste österreichische Weinkarte der Welt ausgezeichnet. Seinen Erfolg führt der Weltenbummler unter anderem auf seine solide Ausbildung zurück: “Der Diplomsommelier beim WIFI ist weltklasse, wenn man dann auch noch privat Interesse hat, dann ist das ein super Einstieg. Ich glaube nicht, dass andere Ausbildungen international anerkannter sind, auch wenn sie viel teurer sind. Details muss man sich selber aneignen, aber die Basis ist perfekt.”
Eigentlich wollte Wetzlmaier nach seinem Jahres-Visum auf fünf Jahre verlängern, doch dann passierte etwas Unvorhergesehenes: In seinem ersten Mini-Urlaub flog er mit einem Freund nach Nashville und erlitt bei einem Unfall eine schwere Knieverletzung. Er musste in Österreich operiert werden und das Visum war weg. “Es war sehr anstrengend, aber ich wäre gerne noch geblieben”, erzählt er. Noch im Spital erreichte ihn aber ein Angebot für ein neues Abenteuer: Eine Stelle als Assistant Beverage Manager mit Sommelier-Funktion im Kurumba-Resort auf den Malediven mit sechs Restaurants und drei Bars. Ein halbes Jahr später hatte er seinen ersten Arbeitstag. Heute ist er schon zum Beverage Manager für das ganze Resort befördert worden. “Ich musste mich aber komplett umstellen”, erzählt der Salzburger. “Mitarbeitertechnisch ist das eine ganz andere Kultur – außerhalb des Resorts herrscht Alkoholverbot, Wein muss ganz anders erklärt werden, es müssen viele Trainings gemacht werden. Das beginnt beim Label-Reading und geht bis Klima-Einflüssen und Reife”. Bei der Wein-Auswahl gilt es, Bedacht auf die örtlichen Gegebenheiten zu nehmen, das Klima ist sub-tropisch und die meisten Restaurants sind offen und ohne Klimaanlage.
Trotz dem geringen Platzangebot auf der Insel fühlt Wetzlmaier keine Enge: “Die Weincommunity ist groß, es gibt Verkostungen auf anderen Inseln, man ist nicht allein. Die Einheimischen sind total warmherzig, ich fühle mich extrem wohl. Außerdem sind die Aufstiegschancen groß.”
Wenn du immer nur das machst, was du schon kannst, dann wirst Du immer nur bleiben was Du bist.
Gault&Millau: Du bist viel herumgekommen, was hat Dich als Sommelier am meisten überrascht?
Felix Wetzlmaier: Wie weit Dich Wein international bringen kann! Schon allein durch das Interesse für Wein kommt man sehr weit, man baut einen reiferen, erwachsenen Freundeskreis auf. Von meinen Freunden habe ich viel gelernt, das sind Tipps, die kann man in keinem Buch lesen.
Wenn Du für den Sommelier-Nachwuchs in Österreich zuständig wärst, wie würdest Du junge Leute davon überzeugen, dass Sommelier der schönste Job der Welt ist?
Wein verbindet, Wein ist nicht nur ein Getränk, Wein ist tatsächlich Rocket Science! Mit Wein kannst Du jeden Geschmack abdecken, Du kannst so in die Tiefe gehen, du kannst jeden Kieselstein umdrehen, Du kannst immer etwas Neues lernen. Wenn Du Energie und Interesse hast, kannst Du Dir die Welt beim Arbeiten anschaun. Aber man muss mit dem Alkohol aufpassen. Gastronomie ist ein Job, der dich sehr schnell an Deine Grenzen bringen kann. Als Sommelier muss man ein vernünftiger Mensch sein, weil du immer Alkohol verfügbar hast, das kann sehr schnell gehen.
Es wird weniger Wein getrunken, hast Du das bei denen Jobs auch wahrgenommen?
Mich hat das nie getroffen, bei mir ist immer viel und gut getrunken geworden. Wein ist aber sehr teuer und Teil eines Lifestyles geworden, heute spricht man über Marken, besonders in New York. Vielleicht wird nicht mehr die Masse getrunken, aber dann doch drei schöne Gläser, das Interesse an der Qualität steigt.
Spielt österreichischer Wein international eine Rolle? Wie war das in New York, wie ist das auf den Malediven?
In den USA spielt er eine große Rolle. Grüner Veltliner und Riesling sowieso, Gäste fragen aber auch nach Sankt Laurent. Auf den Malediven weniger, aber viele Leute freuen sich, wenn sie österreichischen Wein finden.
Worauf freust Du Dich am meisten, wenn Du wieder nach Österreich kommst?
Auf das Klima! bin ein Frühlingsmensch. Ich fliege im Mai nach Hause und freu mich darauf, dass ich wieder einen Pullover anziehen kann! Und natürlich auf Freunde und Familie.
Hast Du noch einen Tipp für den Nachwuchs?
Österreich ist ein tolles Land, um als Sommelier zu arbeiten, man sollte aber auch die Chance nützen und international Erfahrungen sammeln. Österreichische Sommeliers werden sehr gerne genommen. Und die wichtigste Eigenschaft ist: be humble! Bodenständigkeit ist das Wichtigste, man soll nicht glauben, dass man mit Gästen mithalten kann. Bleib immer Du selbst.
Und: Dein zukünftiger Arbeitgeber schaut sich Dein 'Insta' genau an. Das ist Dein Aushängeschild, man sollte gut darauf achten, was man da postet.
Das Allerwichtigste ist aber, Freundschaften zu pflegen und Teamplayer zu sein. Es kommt alles zurück im Leben. Patrick Aichlseder hat mir so viel geholfen, dafür habe ich für ihn die Rezeption gemacht, als er Hoteldirektor im Kühtai war und niemanden hatte. Zwei Freunde haben sich endlich wieder getroffen, das war wie im Urlaub. Wir haben jeden Abend etwas zusammen unternommen; jetzt kommt mich auf den Malediven besuchen. Ich möchte mich bei ihm bedanken! Und bei meinen Eltern, bei Kurt Gutenbrunner, der Familie Klose in der Schweiz und der Familie Hettegger vom Edelweiss.
von Bernhard Degen
In Zusammenarbeit mit der
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