21.03.2024

Maremma-Königin Elisabetta Geppetti im Gespräch

Die Schöpferin des Kultweins Saffredi über ihren Beginn als 18-jährige Jungwinzerin und die Herausforderungen des Klimawandels.

Elisabetta Geppetti
Elisabetta Geppetti © Fattoria Le Pupille

Elisabetta Geppetti hat ihr ganzes Leben dem Aufbau und der Entwicklung der Fattoria Le Pupille gewidmet. Sie musste bereits in jungen Jahren Verantwortung übernehmen und tat dies auf eindrucksvolle Weise. Ihre Vision eines Weines von Weltformat verwirklichte sie mit der Unterstützung des bekannten Önologen Giacomo Tachis und ihres Mentors und Schwiegervaters Fredi. Ihm ist die mittlerweile weltbekannte Bordeaux-Blend Saffredi gewidmet, einer der gefeierten Supertuscans, der seit dem Jahr 1987 produziert wird. “Die Produktion war noch klein und handwerklich”, erinnert sich Geppetti im Gespräch mit Gault&Millau. Heute umfasst die Anbaufläche 85 bis 90 Hektar, die Weine werden in rund 50 Länder weltweit exportiert. Unter anderem nach Österreich, wo die Weine der Fattoria Le Pupille seit vielen Jahren bei Wein&Co gelistet sind.

Elisabetta Geppetti wusste aber auch schon in ihren jungen Jahren die Kraft der hemischen Rebsorten, wie den Sangiovese, zu schätzen. In Italien gilt sie als “Signora Morellino”, weil sie die Etablierung des Morellino di Scansano DOCG entscheidend mitgestaltet hat. Sie war die erste Frau an der Spitze eines italienischen Wein-Konsortiums, als sie 1992 die Leitung der neu gegründeten Vereinigung übernahm, eine Funktion, die sie zwischen 2011 und 2013 erneut innehatte. Bei Morellino di Scansano DOCG sind mindestens 85 Prozent Sangiovese erforderlich, andere regionstypische und internationale rote Rebsorten sind möglich, aber unüblich. Die Riserva-Qualität muss zwei Jahre reifen, davon ein Jahr im Holzfass, bevor sie in den Verkauf kommen darf.

Elisabetta mit ihrer Tochter Clara
Elisabetta mit ihrer Tochter Clara © Fattoria Le Pupille

Bei einem Wien-Besuch brachte Geppetti aktuelle und gereifte Weine mit zu Wein&Co (siehe unten) und nahm sich Zeit für ein Gespräch mit Gault&Millau.

Gault&Millau: Sie produzieren schon seit bald 40 Jahren den Kultwein Saffredi, haben Sie einen Lieblingsjahrgang?

Elisabetta Geppetti: Ich habe mit 18 Jahren am Weingut begonnen und viel von meinem viel zu früh verstorbenen Schwiegervater Fredi gelernt, ihm ist der Saffredi gewidmet. Der erste Jahrgang 1987 war eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Alicante. Bis heute spielt der Cabernet eine zentrale Rolle, Alicante verliert zugunsten von Petit Verdot an Bedeutung. Wenn ich so zurückdenke sind das meine Lieblingsjahrgänge: 1990, 1995, 1997, 2001, 2006, 2013, 2016, 2019 und 2021.

Und welchen Jahrgang trinken Sie im Moment am liebsten?

Wenn Sie das einen Winzer fragen, dann ist es immer der, der gerade im Verkauf ist. 

Wie hat sich die italienische Wein-Landschaft im Lauf der Jahrzehnte verändert?

Ach, es hat sich so viel verändert. Wenn ich durch die Weinregionen reise, dann sehe ich immer mehr Weingärten wo früher noch Wälder waren, im Piemont, in der Burgund. Was die Weinbereitung betrifft, so werden die Fässer immer größer, Barrique ist uns nur noch für den Saffredi wichtig. Wir beziehen unsere großen Holzfässer übrigens bevorzugt von Pauscha aus Österreich! Man muss zwar lange darauf warten, aber Geduld ist in der Landwirtschaft ohnehin eine der wichtigsten Tugenden.

Wie beeinflusst der Klimawandel Ihre Arbeit? Gibt es Rebsorten, die besser mit Hitze und Trockenheit einerseits und großen Regenmengen andererseits zurechtkommen?

In erster Linie gestalten wir die Laubarbeit so, dass die Trauben beschattet und geschützt werden. Auch dem Ernte-Management kommt immer mehr Bedeutung zu. Das Timing ist sehr wichtig, es benötigt drei bis vier Lesedurchgänge, um alle Trauben mit der optimalen Reife zu bekommen. Was die Hitze betrifft: unsere Weingärten liegen an der Küste, sie profitieren enorm von der frischen Meeresbrise. Und bei großen Regenmengen sind wir für unsere Böden dankbar, die sandig und mit Bruchsteinen durchsetzt sind, das ermöglicht eine gute Drainage.

Was die Sorten betrifft, so sind spätreifende Rebsorten wie Sangiovese oder Cabernet Sauvignon sehr verlässlich.

Als Sie in den 80er-Jahren die Verantwortung im Weingut übernahmen waren Sie erstens sehr jung und zweitens eine der wenigen Frauen im Weinbusiness, war das doppelt schwierig?

Diese Frage wird mir immer wieder gestellt, ich bin der Meinung, dass das Geschlecht keine Rolle spielt. Es war für mich herausfordernd, weil ich sehr jung war und ein Kunststudium begonnen hatte. Ich hatte keine klassische Wein-Ausbildung. Es war aber nicht schwierig, weil ich eine Frau bin, im Gegenteil ich fühlte mich bei Präsentationen sogar bevorzugt, ich genoss viel Aufmerksamkeit.

Im italienischen Wein-Business gibt es viele Frauen in Führungspositionen, sehr viele große Namen werden von Frauen geführt. Ich bin glücklich, dass ich mit meiner ältesten Tochter Clara eine tolle Nachfolgerin habe, das hat aber nichts mit dem Gechlecht zu tun. Ich habe vier Töchter und einen jüngeren Sohn, er arbeitet am Weingut ebenso wertvoll mit.

Elisabetta mit Ihren Kindern Clara und Ettore
Elisabetta mit Ihren Kindern Clara und Ettore © Le Pupille

Das Weingut ist bestens etabliert, Ihre Kinder übernehmen immer mehr Verantwortung, jetzt können Sie sich Ihre Aufgaben eigentlich aussuchen. Was machen Sie am liebsten?

Ich mache alles gerne! Le Pupille ist Teil meines Lebens, ich habe mein ganzes Leben dem Weingut gewidmet und mache das weiterhin mit Herz und Leidenschaft. Naja, den Vertrieb überlasse ich gerne meinen Mitarbeitern. 

Was wird die Zukunft auf Le Pupille bringen?

Wir arbeiten gerade an einem Zubau, das ist eine spannende Aufgabe und ich freue mich schon sehr darauf, wenn er fertig ist.

Weil wir jetzt gleich zum Dinner gehen – Welches Gericht passt für Sie am besten zu Saffredi?

Saffredi trinke ich am liebsten alleine!


Highlights der Verkostung bei Wein&Co:

Rosamati 2023: fruchtig, saftig und dennoch Struktur, sowohl als Aperitif als auch als Speisebegleiter geeignet

Morellino di Scansano Riserva 2021: schöne Beerenfrucht, Amarenakirsche, schöne Balance aus Säure, Frucht und Gerbstoff. Vielseitiger Speisebegleiter. (21,99 Euro)

Morellino di Scansano Riserva 1998 aus der Magnum: Vielschichtiges Duftbild mit Rumtopf, Dörrzwetschken, Brombeeren und Balsamico, am Gaumen rund und dennoch aufrechte Textur, noch etwas Holzwürze wahrnehmbar. Unglaublich jugendlich und elegant, verfügt noch über weiteres Reifepotenzial.

Poggio Valente 2021 (100 % Sangiovese): Würzige Tabaknoten, röstig, Thymian; am Gaumen Wermut, dunkle Beeren, Kirschen – vollmundiges Vergnügen. (33,99 Euro)

Poggio Valente 2013 (100 % Sangiovese) aus der Magnum: Kirschig-basamische Noten, gefällige Reifetöne, Graphitnoten, markante Gerbstoffe, noch gutes Reifepotenzial! 

Saffredi 2021 (Cabernet, Merlot, Petit Verdot): Das Flaggschiff. Hellbeerige Akzente in der Nase, Rhabarber, Veilchen; am Gaumen Hagebutte, Preiselbeeren und schöner Schliff. Noch im Teenager-Alter, aber ein Rohdiamant. (99,99 Euro)

Saffredi 2012 (Cabernet, Merlot, Petit Verdot) aus der Magnum. Vielschichtig, harmonisch, elegant. Cassis, schwarzer Holler, Brombeere, dunkle Schoko in der Nase. Saftig, stoffig und extraktreich am Gaumen – Tannine, Säure und Frucht im Einklang. Ruhig, aber ausdauernd im Nachhall. Einer der besten Bordeaux-Blends der Maremma-Geschichte.

www.fattorialepupille.it

von Bernhard Degen

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