13.03.2023
Die gebürtige Französin im Gespräch mit Gault&Millau über die Chancen für Sekt Austria, gutes Essen und Anlässe für Sekt-Genuss.
In der 180-jährigen Geschichte der Sektkellerei Schlumberger ist Aurore Jeudy die erste Frau, die als Kellermeisterin die önologische Verantwortung übernimmt. Die gebürtige Französin stammt aus dem Elsass, einer der bekanntesten Regionen für Weißwein in Frankreich. Wie bereits Firmengründer Robert Alwin Schlumberger erlernte Jeudy das Handwerk der Schaumweinherstellung direkt in der Champagne und bringt ihre umfassende Expertise nun bei Schlumberger in Österreich ein.
Nach ihrem Abschluss als Technikerin im Weinbau (2004) arbeitete Jeudy als Winzer-Assistentin für zahlreiche namhafte französische Wein- und Champagner-Hersteller*innen wie Domaine Roblet-Monnot, Perrier-Jouët und Champagne De Castellane. 2006 schloss sie ihr Önologie-Studium an der Université de Reims in der Champagne ab, ehe sie zum berühmten Institut Œnologique de Champagne wechselte. Dort beriet sie über 16 Jahre lang diverse Wein- und Champagnerkellereien in Europa und Asien. Bereits seit dem Jahr 2007 ist sie auch für Schlumberger als Beraterin aktiv. Außerdem ist Jeudy seit vielen Jahren Teil der Jury der renommierten Wein-Wettbewerbe Vinalies Internationales, bei denen sie mittlerweile auch als Vorsitzende tätig ist.
Gault&Millau: Sie haben bislang hauptsächlich mit Burgundersorten gearbeitet, bei Ihrer neuen Aufgabe kommt auch der Grüne Veltliner dazu. Welches Potenzial hat die österreichische Rebsorte in Bezug auf Schaumweine international?
Aurore Jeudy: Es ist wahr, dass ich eine besondere Vorliebe für Burgunder-Rebsorten habe. Das liegt vor allem daran, dass ich in der Burgund und der Champagne studiert habe. In dieser Zeit hatte ich die Gelegenheit, wirklich großartige Weine zu entdecken und zu probieren: Rotweine wie Volnay Taillepieds oder Grands Echezeaux, aber auch sehr guten Champagner. Ich mag Burgunder-Rebsorten, da sie das Terroir, in dem sie wachsen, gut zum Ausdruck bringen. In den 16 Jahren, in denen ich als Beraterin in vielen verschiedenen Ländern tätig war, konnte ich Schaumweine mit vielen verschiedenen Rebsorten kreieren. Und genau darum ging es mir auch: Schaumweine mit Trauben aus einem Land, einer Region zu machen, die die Besonderheit des Landes und seines Terroirs repräsentieren. Das war auch schon mit Furmint, Hárslevelű, Khatziteli, Kisi, Solaris, Saint Pepin uvm der Fall.
Ich hatte bereits in der Vergangenheit die Chance, die Rebsorte Grüner Veltliner kennenzulernen und zu verkosten. Sie hat definitiv das Potenzial für die Herstellung von ausgezeichnetem Sekt. Die Besonderheit des Grünen Veltliners liegt darin, dass die Traube ein einzigartiges Geschmacksprofil und klare aromatische Eigenschaften hat. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir mit dem Grünen Veltliner eine Chance haben, den Sektkonsument*innen und allen, die es noch werden wollen, einen neuen Ansatz zu bieten: weniger kompliziert und einfacher zu trinken, einfacher zu verstehen.
Wollen Sie den aktuellen Sortenspiegel beibehalten, oder könnte es unter Ihrer Führung Verschiebungen geben?
Bei Schlumberger verwenden wir neben dem Grünen Veltliner viele weitere österreichische Rebsorten. Als Kellermeisterin möchte ich natürlich die Geschichte des Hauses wahren und zugleich an die Gegenwart denken, um so eine sichere Zukunft zu gewährleisten. Ich werde also weiterhin die traditionellen Rebsorten verwenden, einschließlich Grüner Veltliner, werde mir aber die Freiheit lassen, auch neue Wege zu gehen. Schlumberger war schon immer eine Mischung aus Tradition und Innovation. Da wir ausschließlich nach der Methode Traditionelle herstellen, werden wir auf meine Ergebnisse jedoch noch ein wenig warten müssen.
Sie begleiten Schlumberger ja schon seit mehreren Jahren. Welche Entwicklung haben Sie in dieser Zeit beobachtet?
Ich habe in den letzten Jahren gesehen, wie wichtig es für Schlumberger war, den Vergleich mit internationalen Schaumweinen anzutreten. Die Verwendung der besten und neuesten Technik zur Qualitätssicherung der Weine war hier nur ein Bestandteil. Ebenfalls für uns wichtig war es, offen für neue Technologien in der Weinkellerei zu sein. Mein Vorgänger und sein Team haben hierbei in den letzten Jahren großartige Arbeit geleistet. Ich habe immer noch Kontakt zu ihnen und es macht Spaß, die neuen Entwicklungen mit ihnen zu teilen.
Es gibt Wein-Experten, die sagen, dass Österreich und England aufgrund der Klimaerwärmung eine große Schaumwein-Zukunft haben werden. Wie sehen Sie das?
Ich stimme zu. Ich habe die Briten von Anfang beobachtet, wie sie vor gut 20 Jahren mit ihren Weingütern quasi bei „Null“ angefangen haben und wie sie jetzt in der Lage sind, sehr gute Schaumweine zu produzieren. Der Vorteil in Österreich ist, dass es hier bereits eine bestehende Weinbau- und Sektkultur gibt. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Österreich hervorragende Bedingungen für großartigen Sekt bietet. Ich danke Ihnen aber zugleich für diese Frage, denn Sie unterstreicht einen wichtigen Punkt: den Klimawandel. Das ist die eigentliche Herausforderung für alle Winzer und Winzerinnen. Wir haben alle die Verantwortung, zu handeln und dieses Thema in alle unsere Entscheidungen mit einzubeziehen.
Die teuersten Champagner sind aktuell am schnellsten ausverkauft. Gibt es angesichts dieser enormen Nachfrage im Luxus-Segment auch etwas für österreichischen Sekt zu holen?
Sie haben völlig recht: der Absatz von luxuriösem Champagner war noch nie so gut wie heute. Ich denke, die Konsument*innen glauben an die Qualität dieser Weine, sind von einer Marke überzeugt und wollen etwas „Besonderes“ kosten. Das können wir in Österreich und mit Schlumberger jedoch auch. Ich habe zum Beispiel an der Dosierung der neuen Großen Reserve 2017, die bald vorgestellt wird, mitgearbeitet und kann Ihnen bestätigen: das wird etwas ganz Besonderes. Champagner kommt klarerweise nur aus der Champagne, jedoch hoffe ich sehr, dass wir mit unserer Großen Reserve 2017 einzigartige prickelnde Genussmomente schaffen können.
Als gebürtige Elsässerin haben Sie kulinarisch bestimmt hohe Ansprüche. Wie sehen Sie die österreichische Gastronomie?
Als Elsässerin und als Französin sind das Essen und der Genuss für mich von großer Bedeutung. Das verbinde ich auch mit meiner Arbeit. Ich bin fasziniert von der Magie des Zusammenspiels von Essen und Wein. Ich entdecke jede Woche ein bisschen mehr von der österreichischen Küche, und was ich wirklich schätze, ist die hohe Qualität der verwendeten Zutaten. Das ist die Basis für gute Gerichte. Es gibt viele lokale Lebensmittelproduzent*innen, die sehr gute Produkte anbieten (z.B. Mangalitza-Schwein im Burgenland oder der Seesaibling aus dem Ausseerland).
Welches Restaurant hat Sie positiv überrascht?
Mir persönlich hat die Erfahrung im Restaurant DiningRuhm, das eine Mischung aus japanischen Gerichten und klassischer europäischer Küche anbietet, sehr gut gefallen. Die verschiedenen Gänge und Geschmacksrichtungen waren frisch, präzise und elegant. So mag ich nicht nur mein Essen, sondern auch meinen Schaumwein.
Was vermissen Sie als Französin in Österreich?
Käse! Bis jetzt habe ich die französische Käsevielfalt in Wien noch nicht gefunden. Wenn Sie einen Kontakt haben, lassen Sie es mich so schnell wie möglich wissen.
Wir kennen die Gemütszustände, wann Coco Chanel gerne Champagner trinkt*. Zu welchen Anlässen trinken Sie gerne Schaumwein?
Es gibt so viele verschiedene Arten von Schaumwein, dass Sie für jeden Anlass die richtige Flasche finden werden. Das ist die Stärke von Sekt: ein frischer und leichter Sparkling Brut ist perfekt, wenn man mit Freunden in geselliger Runde ist, eine Große Reserve kommt bei ganz besonderen Momenten zum Einsatz.
In meiner Region sagen wir: eine gut gekühlte Flasche Sekt im Kühlschrank ist bereits Anlass genug, sie zu öffnen.
* Coco Chanel: Ich trinke Champagner nur bei zwei Gelegenheiten: Wenn ich verliebt bin und wenn ich nicht verliebt bin.
www.schlumberger.at
von Bernhard Degen
Melden Sie sich kostenlos für unseren wöchentlichen Newsletter an.