17.12.2025

Gault&Millau Türkei: Köstlicher Bosporus

Wir haben einige der besten Lokale Istanbuls besucht. Großartig! Nicht ohne Grund gilt die türkische Küche als eine der vielseitigsten der Welt.

Goldenes Horn und Galatabrücke Istanbul
Goldenes Horn und Galatabrücke Istanbul © Wolfgang Schedelberger

In Istanbul findet man an jeder Ecke etwas Köstliches zum Reinbeißen. Den Ruf als Welthauptstadt des Streetfood trägt Istanbul schon länger, als es diesen Begriff überhaupt gibt. Die Vielfalt an kleinen Snacks ist unübertroffen, ganz egal, ob man Lust auf knuspriges Fleisch, zarten Fisch oder jegliche Form von Gemüse hat. Am besten schmeckt es natürlich abseits der touristischen Trampelpfade. Mit anderen Worten: wer meint, ein Fischbrötchen (Balik Ekmek) neben der Galata-Brücke wäre ein günstiges kulinarisches Erlebnis mit Lokalkolorit, ist selbst schuld.

Snacken als Kunstform

Wie gut schmeckt hier ein echtes Döner Sandwich, egal ob vom vertikalen Spieß, wie man es bei uns gewöhnt ist (dann ist es mit Rindfleisch), oder traditionell vom horizontalen Grill mit Lammfleisch. So wird auch das köstliche Kokorec zubereitet. Gut gewürzt und knackig gegrillt schmeckt auch ein mit Innereien gefüllter Lammdarm als Sandwich fantastisch. In den zahlreichen Bäckereien gibt es neben Simit (Sesamkringel) und Börek (knusprige, mit Feta und Spinat gefüllte Teigrollen) Dutzende weitere kleine Köstlichkeiten. „To-Go“ findet man auch die beiden türkischen „Pizza“-Varianten Pide und Lahmacun, das unspektakulär aussehende Tavulu Pilac (in Hühnersuppe gekochter Reis mit gegrilltem Huhn) oder – ganz simpel – geröstete Maroni.

Sobald man sich in einem Locandasi zu Tisch setzt, erweitert sich die Auswahl um eine ganze Dimension. Die Eintöpfe und Suppen der traditionellen türkischen Küche stellen ein eigenes Universum dar, dessen Erkundung sich immer lohnt. Mein persönlicher Favorit ist das Ciya Sofrasi, das in Kardiköy im asiatischen Teil der Stadt befindet. Mit anderen Worten: hungrig bleibt man in Istanbul niemals.

Galerie

Gökmen Sözen prästentiert den Guide 2026
Gökmen Sözen prästentiert den Guide 2026 © Gault&Millau Türkei
Maksut Askar vom Neolokal in seinem liebsten Frühstückslokal im Stadtteil Pera
Maksut Askar vom Neolokal in seinem liebsten Frühstückslokal im Stadtteil Pera © Wolfgang Schedelberger
Istanbul ist Hauptstadt des Streetfood
Istanbul ist Hauptstadt des Streetfood © Wolfgang Schedelberger
Auch bei den Cocktails kommen im Neolokal außergewöhnliche türkische Aromen zum Einsatz
Auch bei den Cocktails kommen im Neolokal außergewöhnliche türkische Aromen zum Einsatz © Neolokal

Teure Hotels mit Asia-Restaurants

Wenn man viel zu Fuß unterwegs ist, kommt am Abend der Appetit zurück, um „richtig“ essen zu gehen. Das passende Restaurant zu finden, ist gar nicht so einfach. Aber dafür gibt es ja den Gault&Millau. Abgesehen von der Anzahl der Hauben ist auch die Lokalbeschreibung wichtig: als Millionen-Metropole findet man in Istanbul auch jede Menge guter panasiatischer Fine-Dining Restaurants (Nobu, Zuma, Hakkasan, …), Steak Houses, Sushi-Bars, italienische Ristorantes und französische Brasserien. Oft liegen diese Restaurants in internationalen Luxushotels und sind bei der einheimischen High Society extrem angesagt. Für neugierige ausländische Gourmets, die die türkische Küchenvielfalt kennen lernen wollen, sind sie eher langweilig und teuer.

Es gibt auch empfehlenswerte Fischrestaurants, wobei man die unmittelbar am Goldenen Horn gelegenen Touristen-Lokale meiden sollte. Auch hier hilft der Gault&Millau weiter. Ein Blick auf den Stadtplan schadet bei der Wahl des Restaurants auch nicht. Mit mehr als 20 Millionen Einwohnern ist Istanbul rund zehnmal so groß wie Wien. Zur falschen Tageszeit sitzt man schnell einmal zwei Stunden im Taxi, um von A nach B zu kommen.  

Ein Trio an der Spitze    

Die höchst bewerteten Istanbul-Restaurants des aktuellen Guides haben sich allesamt einer modernen Interpretation der türkischen Küche verschrieben. Am längsten gibt es das Mikla im 18. Stock des Marmara Pera Hotels, von wo man einem spektakulären Blick über die Stadt hat. Eröffnet wurde es im Jahr 2005, seit 2012 kocht Mehmet Gürs seine persönliche Interpretation einer „New Anatolian Cuisine“. Mit drei Hauben und 15 Punkten zählt das Mikla zwar immer noch zu den Top-Ten der Stadt, aber irgendwie ist die Küche doch in die Jahre gekommen.     

Deutlich besser schmeckt es uns bei Maksut Aksar im Neolokal, das es seit zehn Jahren gibt. Seine Mission ist es, authentische Aromen und saisonale Produkte zu aufregenden, modernen Interpretationen der anatolischen Küche zu vereinen, was ihm auf überzeugende Art und Weise gelingt. Genauso reizvoll ist die Weinbegleitung, die sich auf kleine türkische Weingüter beschränkt und extrem spannend ist. Mit 18 Punkten ist es eines von zwei Restaurants, die in der Türkei mit vier Hauben ausgezeichnet sind.      

Großartig auch, was Fatih Tutak in seinem programmatisch getauften Restaurant Turk bietet. Tutak hat einige Jahre in den besten Restaurants von Peking, Hongkong, Tokio und Singapur gekocht, bevor er 2019 zurück nach Istanbul kam, um sein eigenes Restaurant aufzusperren. Doch statt mit asiatischen Aromen zu spielen, setzt Tutak auf ein rein türkisches Menü, das sich dem Thema der „Mikro-Saisonen“ verschrieben hat. So wie auch im Neolokal, setzt man bei der Weinbegleitung auf spannende türkische Weine. Aktuell ist es mit 18,5 Punkten und vier Hauben bewertet. Ob es wirklich einen halben Punkt besser ist, als das Neolokal, ist eine akademische Frage. Wer sie endgültig beantworten will, muss beide besuchen.    

Haubenküche in der Natur

Wer nur ein paar Tage bleibt, hat genug damit zu tun, das aufregende Leben der Metropole zu erkunden. Will man dem hektischen Treiben für ein, zwei Tage entkommen, lohnt sich ein Besuch in der Casa Lavanda, nur eine Autostunde außerhalb, mitten in einer idyllischen Naturlandschaft liegt. Die Eltern haben diese Ruheoase in den letzten 30 Jahren mit viel Liebe zum Detail erschaffen, Sohn Emre Sen kocht in dem sympathischen Boutique-Hotel seit ein paar Jahren auf absolutem Top-Niveau. Im aktuellen Gault&Millau wird er mit 15,5 Punkten und drei Hauben gelistet. Der Transfer wird gerne von der Familie Sen organisiert und ist problemlos.

von Wolfgang Schedelberger

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