31.10.2025
Das historische Restaurant ist mit seiner einzigartigen Tischkultur eine Sehenswürdigkeit für sich. Dennoch wird es von Küche und Service überstrahlt.

Schon der Weg zum Restaurant Grüne Bar durch die historische Sacher-Lobby ist ein Erlebnis. Wie der weitere Abend verlaufen wird, entscheidet sich für viele Gäste schon beim Empfang eines Restaurants. Ein grußloses „Haben Sie reserviert?“, wie es leider viel zu oft vorkommt, schafft wenig Wohlfühlatmosphäre. Wenn man aber von Gastgeberin Eliška Merolla so herzlich empfangen wird wie von einer Freundin oder einem Freund, den man lange nicht mehr gesehen hat, dann kann der Abend nicht besser starten. Das Ambiente der Grünen Bar ist prunkvoll und gediegen, aber nicht überladen – es passt idealtypisch zu einem historischen Haus wie dem Sacher. Besonders eindrucksvoll sind die prächtigen Lobmeyr-Luster aus dem Jahr 1883. Hoteldirektor Andreas Keese erzählt uns, dass es nach jenen für den Kaiser die zweiten elektrifizierten Kristallluster in Wien waren. Die in der Hofburg sind einem Brand zum Opfer gefallen, somit sind jene in der Grünen Bar nun die ältesten überhaupt.
Ob der kostbaren Einrichtung fühlen wir uns ein wenig wie in einem Museum, das freundliche und aufmerksame Service sorgt aber dafür, dass keinerlei museale Atmosphäre aufkommt – insbesondere bei der gekonnten Zubereitung des Signature-Aperitifs Green Martini am Tisch, fassgeschulter Wodka, Shake und Smokebubble inklusive. Großartig inszeniert von Leonie Lamprecht. Beim Reichen der Speisekarte sind wir doppelt beeindruckt – nämlich nicht nur dessen Inhalts wegen, sondern allein schon aufgrund der Gestaltung. Sie ist einer originalen Speisekarte aus der Zeit von Hotelgründer Eduard Sacher nachempfunden und mit wertiger Goldprägung versehen. Das Speiseangebot liest sich einerseits wie ein Streifzug durch die goldenen Zeiten der Grand Hotels mit reichlich Kaviar-Optionen, Gänseleber und Beef Wellington. Andererseits hat Küchenchef Sergio Merolla unter der Gesamtleitung von Anton Pozeg die Klassiker moderner und leichter interpretiert sowie mit zusätzlicher Raffinesse aufgewertet.




Die Amuse-Gueules geben einen ersten Einblick in das große Talent des Küchenchefs und sind in doppelter Hinsicht ein Augenschmaus: einerseits, weil die Gerichte gekonnt arrangiert sind, und andererseits wegen des edlen Herend-Porzellans – sowohl in Originalen als auch in wertvollen Repliken von Lobmeyr. Von letztgenannter Wiener Manufaktur stammen auch die Gläser, die das Ambiente zusätzlich aufwerten. Die Tischkultur im Restaurant Grüne Bar ist landesweit einzigartig und eine veritable Sehenswürdigkeit für nationale wie internationale Gäste.
Die Foie Gras mit Birne, Buchweizen, Rettich und Buchtel ist eine Symphonie aus Geschmäckern von mollig bis säuerlich in unterschiedlichen Texturen. Das gebackene Parisi-Ei mit Kaviar, Karfiol und Champagner-Beurre-Blanc ist eine gelungene Komposition eines Klassikers. Der karamellisierte schwarze Kabeljau mit Kürbisterrine, Daidai (japanische Bitterorange) und Piment d’Espelette war für uns das Gericht des Abends – das Produkt im Mittelpunkt, mit harmonischer Begleitung. Das gilt auch für den Rehrücken mit schwarzem Knoblauch, Schwarzwurzel, Morchel, Heidelbeeren und Fichtensprossen – allein dafür sollte man den Herbst lieben. Die Patisserie schließt sich auf diesem hohen Niveau an: Gebackener weißer Schokoladen-Custard mit Roter Rübe, Himbeere und Five Spice war ein veritables Kunstwerk.
Die Weinbegleitung war eine Reise von der Mosel über das Kamptal in die Burgund und Champagne sowie heim ins Mittelburgenland. Unser Reisebegleiter Nazih Maazouzi hat die Stationen gekonnt ausgewählt und wusste viel über sie zu erzählen. Alle Gerichte sind à la carte bestellbar, die Empfehlung des Küchenchefs beinhaltet die Amuse-Gueules, vier Gerichte und ein Dessert (189 Euro).
Ein Besuch in der Grünen Bar ist in vielerlei Hinsicht eindrucksvoll: die historischen Lobmeyr-Luster, die Gemälde von Anton Faistauer, die hochstehende Küche, die großartige Getränkebegleitung, die einzigartige Tischkultur – was uns aber am besten gefallen hat, ist die Freude, mit der die Mitarbeiter:innen ihre Gäste bewirten und kostbare Wohlfühlmomente ermöglichen. Das ist der wahre Luxus von heute.
von Bernhard Degen












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