16.07.2024

Star-Sommelier Suwi Zlatic im Gespräch

Der “Drei-Viertel-Tiroler” über Sommelerie als Lebenseinstellung, Sozialkompetenz und Apfelsaft als Speisebegleiter.

Suwi Zlatic
Suwi Zlatic © Fung Shing Liu

Er hat den Ambassadeur du Champagne en Europe als erster Österreicher gewonnen und bei der Sommelier-Europameisterschaft im Jahr 2021 die Bronzemedaille erobert. Der gebürtige Bosnier war nach Österreich gekommen, ohne ein Wort deutsch zu sprechen. Heute ist er sehr dankbar, dass er sowohl am Balkan als auch als Tiroler akzeptiert wird, augenzwinkernd bezeichnet sich Zlatic als “Drei-Viertel-Tiroler”. Aufgrund der mannigfachen Unterstützung, die er in Österreich bekommen hat, freut er sich sehr, dass er seine wichtigsten Wettbewerbe für Österreich gewonnen hat. Für ihn ist Sommelerie eine Lebenseinstellung und überzeugt den Nachwuchs davon, dass die Sommelier-Ausbildung das gesamte Leben bereichert. 

Seit vielen Jahren unterrichtet Zlatic am WIFI, an der Wein-Universität in Krems und macht weltweit Champagner- sowie Sake-Schulungen. Zudem ist er aktives Mitglied am Tiroler Sommelierverein bzw. der Sommelier Union Austria, für die er ebenso Schulungen abhält. Mit seinem Handelsunternehmen Suwine beliefert er die Gastronomie mit Wein und Delikatessen. Und er arbeitet am ersten Sommelier-Dorf der Welt.

Die Kandidaten der Somelier WM
Die Kandidaten der Somelier WM © ASI/HRVPROD

Im Gespräch mit Gault&Millau gibt er tiefe Einblicke in sein berufliches und privates Leben. Gastronomie ist bei ihm Familiensache, denn seine beiden Söhne sind als Koch aktiv, der 18-jährige Ajdin wurde vom Branchenmagazin Rolling Pin eben zum Rookie of the Year ausgezeichnet.

Gault&Millau: Die Sommelerie ist Ihr Leben, wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?

Suwi Zlatic: Ich habe in der Tourismusschule Landeck eine klassische Ausbildung gemacht und mich eigentlich auf Barkeeper spezialisiert. Bei der Lehrabschlussprüfung hat mich Norbert Waldnig geprüft, er hatte kurz zuvor bei der ASI-Sommelierweltmeisterschaft den dritten Platz erreicht. Er hat mich so viel über Wein gefragt, dass ich schon entgegnet habe, dass die Prüfung schlecht ausgehen wird, weil Wein war damals überhaupt nicht mein Thema. Waldnig hat mich zu einer Verkostung eingeladen und ich war sofort begeistert. Er hat mir gesagt, dass ich die Welt offen hätte, wenn ich mich als Sommelier engagieren würde. So hat alles begonnen, ich habe ein Seminar nach dem anderen gemacht mit dem krönenden Abschluss der bestandenen Prüfung als Diplomsommelier im Jahr 2009. Norbert meinte, dass ich die Sommelierszene in Österreich prägen werde. Dann begann der Höllenweg. (Anm.: Eine Anspielung auf intensive Trainings für internationale Sommelier-Wettkämpfe).

Sie üben Ihren Beruf mit großer Begeisterung aus und geben Ihr Wissen auch an den Nachwuchs weiter. Wie begeistern Sie junge Menschen für den Beruf als Sommelier?

Der größte Schlüsselpunkt in unserer Branche ist der Nachwuchs! Ich sage immer, dass Sommelierie nicht bloß eine Ausbildung ist, sie verändert dein Wesen. Man unternimmt Weinreisen, man lernt viele Menschen kennen, man hat viel mehr Freude am Gast. Das alte Handwerk eines Kellners ist uns verloren gegangen, niemand filetiert mehr, niemand flambiert mehr. Aber als Sommelier bekommt man dennoch viel Anerkennung und Lob. Und man verdient auch mehr, aber das sage ich bewusst als letztes.

Wo unterrichten Sie gerade?

Am WIFI in Tirol, schon einen Tag nach meiner Prüfung zum Diplomsommelier habe ich damit begonnen, Jungsommeliers auszubilden. An der Wein-Universität in Krems, in Kroatien, Slowenien, Griechenland und weltweit für das Comité du Vin de Champagne.

Suwi Zlatic beim Wettbewerb
Suwi Zlatic beim Wettbewerb © ASI/HRVPROD

Arbeiten Sie noch praktisch?

Mein Handel hat auch eine Weinbar, eine Mini-Gastronomie, wo ich selbst Gastgeber bin. Ich bin außerdem gut mit Benjamin Parth befreundet (Anm.: 5-Hauben-Koch in Ischgl), da habe ich immer wieder ausgeholfen. Im Sommer planen wir übrigens einen Mittags-Weintisch, wo ich ein paar Mal Gastsommelier sein werde.

Sehr viel Zeit bleibt mir für praktische Arbeit aber nicht, ich arbeite gerade an einem Projekt in Istrien, wo ich das erste Sommelierdorf der Welt eröffnen möchte. Ich habe ein Grundstück mit sechs Steinhäusern, 20 Minuten von Opatija entfernt im Landesinneren, gekauft. Bis 2027 wird gebaut, ein Restaurant, eine Bar, ein Pool und sechs Chalets.

Was war Ihr schönstes Erlebnis mit Gästen?

Ich hatte unglaublich viele schöne Erlebnisse, auch sehr rührende. Wenn sich Menschen verabschieden, die man 16 Jahre lang bedient hat, weil sie krankheitsbedingt nicht mehr kommen können. Oder wenn Gäste, die man als Kinder bedient hat, als Erwachsene mit ihrer Freundin wiederkommen und eine versprochene Zimmerflasche einlösen.

Welche Soft Skills sollte eine Sommelière/ein Sommelier haben?

Gutes Auftreten, Empathie, Sozialkompetenz. Guten Umgang zuerst mit Kollegen, dann mit den Gästen. Man soll sein Wissen einsetzen, um Gästen zu helfen, nicht um sie abzuschrecken. Ein guter Sommelier ist wie die Nummer 10 beim Fußball, ein Brückenbauer zu Küche und Rezeption. Und man soll sein Wissen stets weitergeben. Wer andere neben sich klein lässt, wird niemals groß. Ich habe beispielsweise Max Steiner trainiert, den aktuell besten Sommelier Österreichs. Und Kristijan Harjač, den besten Sommelier Kroatiens, der im Agli Amici in Rovinj arbeitet. Über ihre Erfolge freue ich mich mehr als über meine eigenen.

Apropos, Sie waren bei Wettbewerben extrem erfolgreich, was war Ihr schönster Erfolg?

Ich muss zwei nennen, weil beide haben nicht in Österreich stattgefunden, aber beide haben Relevanz für Österreich. 2015 habe ich als erster Österreicher den Ambassadeur du Champagne en Europe gewonnen. Ich werde nie vergessen, wie bei der Siegerehrung Österreich als letztes Land aufgerufen wurde: ‘The Winner is Austria!”

Beim Finale der besten Sommeliers Europas vor drei Jahren auf Zypern war es ähnlich, da wurde Österreich als drittletztes Land aufgerufen. (Anm.: Bronzemedaille für Suwi Zlatic bei der Sommeliermeisterschaft für Europa und Afrika)

Suwi Zlatic
Suwi Zlatic © ASI / Dazzlerbit

Welches ist Ihr Lieblings-Food-/Wine-Pairing? 

Ich mag sehr Tuna Tataki mit Ponzu Sauce in Kombination mit Chablis, die Zitrusnoten decken sich so schön und auch die Textur ist bei Wein und Essen gleich. Oder die beste Pasta der Welt, sie kommt nicht aus Italien: Tiroler Schlutzkrapfen mit einem Riesling Federspiel aus der Wachau.

Spitzensommeliers beschränken sich längst nicht mehr auf Wein. Welche Getränke finden Sie besonders spannend?

Mein Hauptbaby ist Sake. Ich habe über 140 Sake Sommelier-Ausbildung in Österreich geleitet und über 250 international. Sake hat so unglaublich viele Facetten.

Aber auch Getränke mit keinem oder wenig Alkohol. Fermentierte Tees sind total spannend. Oder reinsortige Apfelsäfte von Thomas Kohl aus Südtirol. Das macht auch kalkulativ Sinn, weil dann bleibt Platz für den einen oder anderen ganz besonderen Wein.

Bei Craft Beer bin ich auch total open minded.

Was sind die aktuellen Herausforderungen als Sommelier?

Man muss alle Geschehnisse rund um den Globus im Blick behalten, da gibt es extrem viel Informationsfluss. Aber Achtung! Die Quellen müssen verlässlich sein. Da muss man die Digitalisierung annehmen und eine gute Datenverwaltung organisieren. Wir wissen über die weltweiten Spannungen Bescheid, wollen aber positiv in die Zukunft blicken.

Wohin wird es in Zukunft gehen?

Das traditionelle Berufsbild eines Sommeliers, mit Anzug und Krawatte, wird einem hippen, modernen Auftritt weichen. Wobei ich persönlich es sehr schätze, mit klassischem Outfit zu arbeiten. Die Sommelierie der Zukunft wird offener sein und keine Weinstile ausgrenzen. Wir kennen das ja beim Thema Naturwein, da haben sich Clans gebildet. Bitte keine Clanbildungen mehr in Zukunft.

Über die Sommelier Union Austria

Die Sommelier Union Austria wurde 1998 (als Sommelierverband Österreich) anlässlich der Sommelier Weltmeisterschaft in Wien gegründet. Als Dachorganisation für alle Sommelièren und Sommeliers in Österreich bündelt sie die einzelnen Landesvereine. Seit 2008 ist die Tirolerin Annemarie Foidl Präsidentin der Union und vertritt deren Interessen national und international. Vorrangige Ziele der Vereinigung sind das Fördern der Sommelièren und Sommeliers sowie das Stärken des Berufsbildes in der Öffentlichkeit.

sommelierunion.at

von Bernhard Degen


in Zusammenarbeit mit der

Auf dem Laufenden bleiben

Melden Sie sich kostenlos für unseren wöchentlichen Newsletter an.