10.11.2025

Tim Mälzer outet sich als Österreich-Fan

Der Gault&Millau Ambassador im Interview über seine Wertschätzung gegenüber der heimischen Gastronomie und mit wem die Nachbesprechungen bei einem Glas Wein am längsten dauern.

Tim Mälzer bei der Gala in Salzburg
Tim Mälzer bei der Gala in Salzburg © Gault&Millau / Donat

Tim Mälzer wurde am 7. November im Salzburger Stiftskulinarium zum Gault&Millau Ambassador gekürt. Wir nützten die Chance eines persönlichen Gesprächs und plauderten mit dem sympathischen Entertainer über Kitchen Impossible, seine Lieblingsdestinationen und was er mit seinem Engagement erreichen möchte. Der „Küchenbulle“ entpuppte sich als Menschenfreund und Förderer, dem es am Herzen liegt, dass es anderen gut geht. Dies unterstrich auch Laudator Sepp Schellhorn, der erzählte, dass Mälzer bei Veranstaltungen mit rotem Teppich zuerst immer die Menschen im Hintergrund, in der Küche oder im Service, aufsucht.

Gault&Millau: Weißt du, was du mit Wolfgang Puck und King Charles gemeinsam hast?

Tim Mälzer: Ich kann es mir denken, ich hab mich ja erkundigt. Beide waren Ambassador von Gault&Millau. Meine Vorgänger waren mit ein Grund, warum ich diesen Preis angenommen habe. Ich nehme eigentlich keine Preise an. In Hamburg ist das ein ungeschriebenes Gesetz, dass man keine Preise annimmt, aber inhaltlich finde ich das gut, und ich nehme den Preis weniger für mich persönlich an, mehr als Sprachrohr für viele.

Du nimmst in deinem Leben unterschiedliche Rollen ein: Koch, Unternehmer, TV-Person, Förderer… In welcher fühlst du dich am wohlsten?

In der Rolle des Wirtes, ich bin kochender Gastwirt. Es war schon immer mein Ziel, immer kochen zu dürfen, niemals zu müssen.

Warum ist Gastronomie die schönste Branche der Welt?

Da kann ich nur für mich sprechen. Ich wollte eigentlich Hoteldirektor werden, im Interconti in Hamburg, da habe ich auch die Ausbildung zum Koch gemacht. Schon am Tag zwei bin ich gecatcht gewesen – diese Energie, das Teamwork. Ich bin kein Mensch, der alleine arbeiten kann. Schon am zweiten Tag war ich nicht mehr ersetzbar. Nicht weil ich so toll war – jeder Mensch in der Küche hat eine Funktion, angefangen vom Spüler bis zum Küchenchef. Es gibt keinen Menschen, auf den wir verzichten können.

Ich erzähle gerne Geschichten, und ich kümmere mich um Menschen. Ich mag es, wenn es Menschen gut geht, auch wenn ich manchmal den Weg kontrovers dahin gehe. Gastronomie ist vielschichtig, vielseitig, sie ist intellektuell, sie ist strategisch, sie ist kreativ, sie erleidet keinen Stillstand. Das ist wie ein Golfspiel – es wird kein perfektes Spiel geben, und es wird keine perfekte Gastro geben. Jeder, der sie mag, erzählt sie auf eine andere Art und Weise. Gastronomie ist eine der ganz wenigen Dinge, die nicht durch KI ersetzt werden können – dazu sind unsere Bedürfnisse zu individuell.

Wir versuchen ja nur, die Begeisterung für Essen und Trinken am Leben zu halten.

Du bist mit deinen Produktionen viel herumgekommen. Wo hat es dir so gut gefallen, dass du privat wiedergekommen bist?

Im Salzkammergut. Ich fühle mich wahnsinnig wohl in Österreich, ich fühle mich wahnsinnig wohl in New York, ich fühle mich wahnsinnig wohl in Thailand. Ich fühle mich eigentlich überall zuhause, wo ich auf Menschen treffe. Bei mir sind immer Menschen wichtig. Ihr Österreicher habt einen sehr schrägen Humor – sehr schwarz, oft auch ein bisschen politisch unkorrekt.

Österreicher sind genauso wie ich – und das meine ich sehr liebevoll – Bauern. Österreich ist ein Bauernstaat, so wie Norddeutschland. Wenn ich mich beschreiben müsste, bin ich zuerst Norddeutscher, dann Hamburger, dann Deutscher, dann Europäer. Da fühle ich mich sehr wohl – diese Mischung aus Tradition und Innovation. Ich mag die Esskultur, ich mag die Bodenständigkeit. Ich mag Italien, aber mir tut Italien gerade leid, weil sie bald vor den Trümmern ihrer Küche stehen, weil niemand das Erbe der Nonnas antritt. Ich bin Anhänger der volksnahen Küche, da gibt es nicht viele. Österreich gehört dazu, Japan gehört dazu, Deutschland im südlichen Bereich. Dann muss man schon lange überlegen. Diese Demut vor dem Einfachen!

Mit welchen Köchen haben die Nachbesprechungen bei einem Glas Wein am längsten gedauert?

Hans Neuner. Tim Raue. Ganz klar.

Über welchen Leger hast du dich bei Kitchen Impossible am meisten gefreut?

Ich bin gar nicht so strategisch. Bei mir geht es immer um gute, herausragende Gerichte. In der alten Geschichte war es ganz klar: Da nimmst du Köche aus dem gehobenen Segment, konfrontierst sie mit etwas Einfachem, dann haben sie ihr Geo-Dreieck nicht, ihre Waage nicht, dann sind sie überfordert. Viele dieser Köche sind ja auch so strukturiert, dass sie selten ihre Gerichte alleine kochen. In der ersten Hälfte wollten wir uns schon eine reindrücken, in der zweiten Hälfte haben wir festgestellt, das nutzt gar nichts. Nimm zehn Köche, lass sie zehn Liter Wasser kochen – es kommen zehn unterschiedliche Ergebnisse raus.

Wenn du privat essen gehst und der Teller wird serviert – bist du da dann gleich im Kitchen Impossible-Modus?

Nein. Nie! Ich esse. Ich kritisiere auch nicht. Ich kann ja hervorragend erkennen, warum ein Essen nicht gut ist. Ist es, weil der Laden voll ist, die Küche gestresst, wie ist der Gargrad, ist die Sauce ein bisschen zu salzig? Das muss ich nicht kritisieren. Nur, wenn mir etwas untergejubelt wird – das mag ich nicht so gern.

Dass Tim Mälzer nicht nur austeilen, sondern auch gut einstecken kann, beweist folgende Anekdote, die er uns im Anschluss an das Interview noch erzählt hat: 

Ich erinnere mich an eine Begegnung mit Johanna Maier bei einer Kochshow. Alle Kochjacken an, die Kamera läuft schon seit 20 Minuten, da dreht sie sich zu mir um und fragt: „Was machen Sie beruflich so?“ Chapeau! Das fand ich sehr, sehr gut – das ist genau mein Humor.

von Bernhard Degen

Fotos und Infos von der Ambassador-Gala

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