Es ist eine Zeitenwende. Bei unseren Testbesuchen war Juan Amador im Restaurant präsent. Es war aber auch nicht zu übersehen, dass David Fleckinger, sein Küchenchef, bereits eine tragende Rolle spielt. Im Laufe unserer Produktion schicken wir Fragebögen an alle Restaurants, um Dinge wie Namen, Öffnungszeiten und dergleichen zu checken. Im Fragebogen, der vom Amador Restaurant kam, kam Juan Amador nicht mehr vor. Nur noch David Fleckinger. Als Person wird sich Juan Amador also zurückziehen, als Marke wird der Name bleiben. Wir sind sehr gespannt – und angesichts der Tatsache, dass ohnehin schon sehr viel von Fleckinger im Amador-Menü steckt, auch zuversichtlich, dass alles beim Guten bleiben wird. Zum Menü selbst: Es startet mit Klassikern. Etwa der spannenden Interpretation vom Wiener Tafelspitz. Oder dem „Waldspaziergang“, einem kleinen Pilzsandwich, das so fein und ziseliert da liegt – und es dabei faustdick hinter den Ohren hat. Ein Happen nur, aber flugs beamt sich der Geist auf eine Lichtung mit regennassem Waldboden. Oder – einer unserer Lieblingsgrüße – Foie gras, Sardellen und grüner Apfel zwischen Artischockenblättern. Der Brotgang ist perfekt wie immer. Butter von Jean-Yves Bordier aus Saint-Malo, Amadors andalusisches Olivenöl, Büffelmilchaufstrich. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, sollte man eines der – optional angebotenen – Signature Dishes – dazunehmen. Etwa die geeiste Beurre blanc. Ein zeitloser Klassiker, immer wieder leicht verändert und weiterentwickelt, aber stets mit einer leicht pochierten (Gillardeau-)Auster und Haselnussschaum. Danach norwegischer Hummer mit Jalapeño-Espuma, Pomelos und einer paradeiswürzigen Vinaigrette. Ein komplexes, feines Gericht, das in geschmacklicher Hinsicht auf ganzer Klaviatur spielt. Dezente Schärfe, ein deutlicher Umami-Akkord, spannende Säure und über allem eine versöhnliche Süße, über die das Gericht verfügt, weil etwas Melipona-Honig zum Einsatz kommt. Umwerfend. Als Hauptgang Müllerin. Genauer gesagt Atlantischer Steinbutt à la meunière. Mit Meyer-Zitrone (die wie ein scharfes Rasiermesser durch die üppige Sauce gleitet), knuspriger Haut und einer hauchdünnen Scheibe Miyazaki-Rind. Der bretonsiche Steinbutt ist übrigens fast „gesetzt“ und kommt im Menü immer wieder vor – bei einem späteren Besuch mit salziger Wachauer Marille, Steinpilz und Bries vom Kalb. Wir können echt nicht sagen, welcher der beiden Gänge besser war. Großartig sind übrigens auch Service und Weinbegleitung. Spannende Weine von (noch) weniger bekannten Winzern aus Österreich, solide Namen aus Spanien und Frankreich und ein reifer Madeira hinten bei den Desserts.