04.07.2022
Wenn der Barolo singt – Kultwinzer Ceretto kam mit Wein-Ikonen und Spitzenküche von Enrico Crippa an den Attersee.
Familie Ceretto keltert regelmäßig einige der besten Barolos des jeweiligen Jahrgangs. Außerdem betreibt sie mit dem Piazza Duomo das beste Restaurant im Piemont. Federico Ceretto brachte seinen Küchenchef Enrico Crippa mit an den Attersee ins Forsthaus von Kate & Kon, um eine ausgesuchte Runde von Genießern mit Wein und Essen aus dem Piemont zu verführen.
Gastspiele außerhalb seines Restaurants haben absoluten Seltenheitswert. Für den Ceretto-Abend am Attersee machten Enrico Crippa und sein Team eine Ausnahme. © Kate&Kon/Samuel Keller
Die größten Rotweine Italiens kommen aus der kleinen Ortschaft Barolo im Piemont. Ceretto ist trotz seiner beachtlichen Größe von 160 Hektar einer der renommiertesten Produzenten, wenn es um großartige Lagenweine geht. Bei einem exklusiven Dinner am Attersee zeigte Federico Ceretto mit Flaschen aus vier Jahrzehnten, was den besonderen Reiz von Barolo ausmacht. Zu den Gerichten von Drei-Sterne Koch Enrico Crippa wurden im eleganten Forsthaus von Kate & Kon jeweils zwei oder drei unterschiedliche Lagenweine von Ceretto gereicht. Kate & Kon sind mit der Familie Ceretto seit Jahren eng verbunden und vertreiben ihre Weine in Österreich. Gault&Millau hat Federico Ceretto zum Interview getroffen.
Ein großer Barolo zeigt sein Potenzial oft erst nach vielen Jahren. In der Jugend sind die Weine aufgrund ihrer mächtigen Tannine zumeist noch sehr verschlossen. Trotzdem haben Sie mehrere Flaschen des aktuellen Jahrgangs 2018 mitgebracht. Wieso?
Weil sie allesamt schon sehr schön zu trinken sind. Das hat natürlich mit dem Jahrgang zu tun, aber auch mit der Art und Weise, wie mein Cousin Alessandro heute unsere Weine vinifiziert. Es gilt dabei stets, die perfekte Balance zwischen Tannin, Frucht und Alkohol zu finden. Aber auch der Klimawandel, der unserem Planeten insgesamt sehr zu schaffen macht, spielt eine Rolle. Aufgrund der wärmeren Temperaturen und dem geringeren Niederschlag am Ende des Sommers ist es heute im Piemont leichter, regelmäßig große Weine zu keltern. Vor zwanzig Jahren hätte ein vierjähriger Lagen-Barolo nur wenig Trinkvergnügen bereitet.
Der älteste Wein des Abends war ein 1982er Barolo aus der Lage Prapo‘, der das enorme Reifepotenzial der Nebbiolo-Traube unterstreicht. In welchem Alter trinkt man denn am besten einen großen Barolo?
Das kommt zum einen auf den Jahrgang an, zum anderen darauf, was man sich erwartet. Man will nicht immer 40 Jahre warten, bis man die Flasche entkorkt. Wir haben das gesamte Menü von Enrico Crippa mit Barolo aus verschiedenen Jahrgängen begleitet, um die stilistische Entwicklung der Weine im Laufe der Jahre aufzuzeigen. Waren die beiden Lagenweine aus dem legendären Jahr 1990 am besten? Oder die beiden Bricco Rocche aus den Jahren 1999 und 2006? Das ist schlussendlich eine individuelle Geschmackssache. Als Richtschnur würde ich zumindest fünf Jahre Flaschenreife angeben. Dass unsere Weine im Laufe der Jahre nicht abbauen, sondern weiter zulegen, ist in jedenfalls von Vorteil. Ja es stimmt, dass ein wirklich großer Wein immer auch ein Reifepotenzial haben muss, aber das bedeutet nicht, dass man ihn erst nach mehreren Jahrzehnten öffnen darf.
Federico Ceretto im Gespräch mit Gault&Millau-Autor Wolfgang Schedelberger © Kate&Kon/Samuel Keller
Reifen bestimmte Lagen besser als andere?
Wir entscheiden Jahr für Jahr ob beziehungsweise welche Lagen wir separat füllen, weil wir mit unseren Lagenweinen ein Versprechen geben, dass solche Weine sehr langlebig sind. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Lagen treten mit jedem Jahr zusätzlicher Reife noch deutlicher hervor, weshalb sie bei echten Barolo-Liebhabern so begehrt sind. Unter Kritikern wird regelmäßig darüber diskutiert, ob unsere Lage Bussia, Prapò oder Bricco Rocche besser ist. So sehr uns die unterschiedlichen, aber stets sehr hohen Bewertungen für unsere Lagenweinen freuen, ist es für uns wesentlich wichtiger, dass unser regulärer Barolo DOCG, den wir jedes Jahr füllen, stets den Erwartungen entspricht.
Was macht die Magie von Barolo eigentlich aus? Wieso steht diese Herkunft bei vielen Kennern über anderen berühmten Weinbauregionen in Italien?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen erschließen sich diese Weine nicht so leicht, wie fruchtigere und wuchtigere Weine aus wärmeren Regionen. Sie sind fordernder aber auch lohnender. Wenn man eine perfekt gereifte Flasche eines Top-Jahrgangs zum richtigen Zeitpunkt erlebt, kann es passieren, dass die Flasche zu „singen“ beginnt. Das sind magische Momente, bei denen es bei Tisch plötzlich ganz ruhig wird. Dann weiß man: Das Warten hat sich gelohnt.
Bezugsquelle: www.kateandkon.com
Aus der Magnum schmeckt der „Jahrhundertjahrgang“ 1990 gleich noch einmal so gut. © Kate&Kon/Samuel Keller
von Wolfgang Schedelberger
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