30.05.2025

Blaufränkisch Mariental: Der Legende auf der Spur

Familie Triebaumer hat mit dem Mariental Weinbaugeschichte geschrieben. Der 1986er ist ein Denkmal – doch wie sehen die jüngeren Jahrgänge aus?

Claudia und Gerhard Triebaumer
Claudia und Gerhard Triebaumer © Vincent Triebaumer

Blaufränkisch Ried Mariental 1986 markierte einen Wendepunkt in der Wahrnehmung österreichischer Rotweinkultur – sowohl national als auch international. Kein anderer Rotwein ist so sehr zum Symbol für das österreichische Weinwunder nach dem Weinskandal geworden. Viel wurde schon über diese Wein-Legende geschrieben – so viel, dass den jüngeren Jahrgängen vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Familie Triebaumer lud daher vergangene Woche zu einer genussvollen Betrachtung der Jahrgänge 2001 bis 2015 auf das Weingut in Rust. Brave Bahnfahrer wurden abgeholt und mit einem Stopp bei der Lage Mariental belohnt. Von hier sieht man über den Neusiedler See bis nach Ungarn. Die Rebstöcke sind alt und knorrig, der Boden ist karg und kalkhaltig. Ganz in der Nähe liegt ein aufgelassener Weingarten mit Stümpfen, die einmal Rebstöcke waren. Die Triebaumers wollen sie nicht entwurzeln, um den Boden nicht unnötig aufzureißen. Die jungen Triebe werden von weidenden Schafen abgefressen – so lange, bis die Rebstöcke wieder eins mit dem Boden werden. Nur einer von vielen Hinweisen auf die konsequente biodynamische Philosophie der Weinbauern.

Während andere Spitzenweingüter in Gourmetrestaurants laden, feiern die Triebaumers ihre Weine lieber zu Hause. Man fühlt sich wie ein Teil der Familie, wenn die Familie selbst kocht. Das sensationelle Sauerteigbrot ist selbst gemacht, das wunderbare geschmorte Lamm ist nicht nur selbst gekocht, sondern stammt von der eigenen Herde. Aber eigentlich geht es ja um die Weine …

Gemeinsames Essen & Trinken im Hause Triebaumer
Gemeinsames Essen & Trinken im Hause Triebaumer © Vincent Triebaumer

Die Mariental-Vertikale war eine fantastische Reise durch die Weinbaugeschichte Österreichs nach 2001 – mit vielen bemerkenswerten Erkenntnissen. Erstaunlich ist, dass der Blaufränkisch Ried Mariental von der Familie Triebaumer nicht zu altern scheint. Selbst der 2001er hatte noch schönes dunkles Rubinrot und eindrucksvolle Präsenz am Gaumen. Zudem hat der Mariental kein Problem in Hitzejahren. Der 2003er war sogar einer der charaktervollsten Weine der Vertikale: mit spannender Nase, mit Minze und Eukalyptus, dunklen Beeren und schwarzem Holler – am Gaumen verblüffend jugendlich, mit schöner Tanninstruktur und großer Länge. Wie ein großer Bordeaux vom linken Ufer (97 Punkte).

Herbert Triebaumer bemerkte zum Jahrgang 2003: 

Wir haben aufgehört, einen Refraktometer in den Weingarten mitzunehmen.“ 

Sie messen also keine Zuckergrade mehr und gehen mehr nach Gefühl und Erfahrung, um den idealen Erntezeitpunkt zu bestimmen.

Ab 2004 wurden die Fässer zur Reifung größer – 500 Liter und mehr. Die folgenden Jahrgänge sind Blaufränkisch in Purezza: internationale Aushängeschilder für das Potenzial, das die Rebsorte in sich trägt. 2006 bis 2008 war eine sensationelle Serie. Mein persönliches Highlight war der 2011er – mit seinem Aroma nach Wildkirsche, schwarzem Holler und Wacholder; am Gaumen straff und gleichzeitig saftig, einzigartige Harmonie, mineralische Anklänge, große Länge und noch weiteres Reifepotenzial (99 Punkte).

Blaufränkisch Ried Mariental der Familie Triebaumer ist in jedem Jahr etwas ganz Besonderes – charaktervoll, tiefgründig und herkunftsgeprägt. Wer sich Sorgen um die Entwicklung der österreichischen Rotweinkultur macht, sollte öfter Mariental trinken.

www.triebaumer.com

von Bernhard Degen

Auf dem Laufenden bleiben

Melden Sie sich kostenlos für unseren wöchentlichen Newsletter an.