03.10.2022
Küchenchef Felix Albiez zeigt sich bei der Wiedereröffnung nach dem Küchenbrand in Hochform.
Corona, Personalnot, Inflation… Ein Tiefschlag nach dem anderen für die heimische Gastronomie. Stellen Sie sich vor, dass dann auch noch die Küche brennt. So geschehen vor drei Monaten im Liebsteinsky von Andreas Mikulits am Wiener Schubertring. Der Hausherr zog sich bei beherzten Löschversuchen nicht nur Brandwunden, sondern auch eine Rauchgasvergiftung zu. Die sofort alarmierte Feuerwehr kam mit einem Großaufgebot, der Ring musste für eineinhalb Stunden gesperrt werden. Der Schaden nach dem diagnostizierten Kabelbrand war zwar enorm, aber nicht fatal. Für viele Gastronomen, wäre es wohl ein K.O.-Schlag gewesen. Nicht allerdings für Ulli und Andreas Mikulits und ihrem Team.
Eine abgebrannte Küche bei den aktuell langen Lieferzeiten binnen dreier Monate wieder in Betrieb zu nehmen ist ein Bravourstück, das eindrucksvoll gelang. Es war fast rührend zu sehen, mit wieviel Freude und Herzlichkeit das Team seit der Wiedereröffnung Ende September wieder bei der Sache ist. Die gute Stimmung sprang auf die teils prominenten Gäste über, die das Liebsteinsky in der ersten Woche stürmten. Entsprechend motiviert schritt auch Küchenchef Felix Albiez zur Tat – was er beim Degustationsmenü rausschickt ist schlicht sensationell.
Schon der Gruß aus der Küche – ein wachsweiches Eigelb mit Trüffelspänen – zergeht wortwörtlich auf der Zunge. Das folgende Hamachi-Ceviche mit grünem Apfel, Radieschen, Kresse, Limette und Koriander bereitete den Gaumen auf weitere Freuden vor. Herrlich dann ein Tataki vom Papada de Bellota: Das saftige Kinn des Ibérico-Schweins wurde mit knusprigen Schmorfleisch-Würfeln, Haselnüssen, Radicchio und Birnenscheiben serviert. Es folgte das optische Highlight: Wildfang-Makrele, mit dem Luftzug wogende Bonitoflocken, Buchenpilzen und Liebstöckl – eine Augenweide und geschmacklich großartig. Überboten nur noch von einem Beuscherl, das mit Kokos und Chili so spannend eingestellt wurde, dass sich Süße und Schärfe um die Gunst des Essers duellierten. Getoppt mit einer glasig gebratenen Riesengarnele mit Spitzpaprika und Passe Pierre-Algen. Einfach spektakulär.
Hamachi-Ceviche, Makrele, Hirschrücken © Degen
Ein perfekt gebratener Hirschrücken wurde mit Gänseleber, Trüffel, schwarzer Nuss und einer traumhaften Langpfeffer-Sauce serviert. Selbst bei der Patisserie tun sich keine Schwächen auf: Fermentierter Kokos-Rum auf Mangosalat ein Sorbet mit Tahiti-Vanille und Baba au Rhum setzten einen würdigen Schlusspunkt eines fulminanten Menüs, das für wohlfeile 75 Euro zu haben ist. Hoffentlich noch lange!
Liebsteinsky
Schubertring
1010 Wien
www.liebsteinsky.at
von Bernhard Degen
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